An der Uni Stuttgart hat der Personalrat die Lehrenden dazu aufgefordert, keine Präsenzveranstaltungen mehr anzubieten. Die Unileitung hält jedoch auch weiterhin am Primat der Präsenzlehre fest.

Stuttgart - Kaum haben die Unis ihre Hörsäle nach dem langen Lockdown wieder aufgemacht, ist Streit entbrannt: An der Uni Stuttgart hat der Personalrat in einer Rundmail am 30. November alle Mitarbeiter aufgefordert, sich ins Homeoffice zu begeben – und dies explizit auch an Lehrende adressiert. Begründet hat der Personalrat seine Aufforderung mit der „nationalen Notlage“. Man habe sich zu sehr auf das Handeln der Politik verlassen – „wir bedauern die Fehleinschätzung“, heißt es in der Mail.

 

Wörtlich schreibt der Personalrat: „Das Festhalten an der Präsenzlehre ohne jede Abwägung verkennt die Situation.“ Darauf weiter zu bestehen sei „nicht gerade verantwortungsvolles Handeln“. Im Unterschied zu Schülern seien „unsere Studierenden gewohnt und in der Lage, mit Herausforderungen umzugehen“. Deshalb müsse nun zur Online-Lehre umgeschwenkt werden.

Unileitung besteht auf Fortsetzung der Präsenzlehre

Doch genau dies hat die Uni nicht vor, wie deren Sprecher Hans-Herwig Geyer am Mittwoch erklärte. Man sei genau konträrer Auffassung: „Die Politik, die Hochschulleitung, aber auch weite Teile der Mitglieder unserer Universität sehen gerade im Festhalten am Primat der Präsenzlehre ein verantwortungsvolles Handeln.“ Den rechtlichen Rahmen für die Sicherheit aller im Lehrbetrieb böten die Coronaverordnungen des Landes sowie die Coronaverordnung Studienbetrieb und die bundesweiten gesetzlichen Regelungen, so Geyer. „Deshalb halten wir auch weiter an der Präsenzlehre fest – in dem Rahmen, in dem diese bisher möglich ist.“ Denn, so der Unisprecher: „Alle Beteiligten halten sich an die Regeln und haben auch erfahren, wie bedrückend in den zurückliegenden Semestern die reine Online-Lehre war.“

Auch auf der Uni-Homepage gibt es eine klare Ansage: „Lehrveranstaltungen, die in diesem Semester in Präsenz begonnen wurden, sollen nach Möglichkeit auch in Präsenz weitergeführt werden.“ Und wie verfährt die Uni mit Dozenten, die der Aufforderung des Personalrats folgen und mitten im Semester von Präsenz auf Online umswitchen? „Wir sehen nicht, dass die Lehrenden der Aufforderung des Personalrats folgen“, so Geyer. Falls doch, werde der Prorektor für Lehre, Frank Gießelmann, in individuellen Gesprächen für die Position des Rektorats werben.

Auch die Studierenden sind für Beibehaltung von Live-Vorlesungen

Das wäre auch im Sinne der Studierenden. „Wir wissen, dass genügend Lernende Präsenz durchziehen wollen“, berichtet Matthias Ehrhardt, der Vorsitzende der Studierendenvertretung der Uni Stuttgart (Stuvus). Wer lieber online lerne, habe auch jetzt schon die Möglichkeit dazu. Überrascht sind Ehrhardt und seine Kommilitonen, dass für die Studierenden seit Montag 2G gilt, für die Lehrenden jedoch 3G. „Diese Ungleichbehandlung stört uns.“

An der Uni Hohenheim hingegen herrscht offenbar Einigkeit: „Bisher bleiben wir bei unserem Präsenzangebot in Hörsälen und in Praktika sowieso“, erklärt die Prorektorin Korinna Huber. Und: „Mit den Verschärfungen können wir gut umgehen, da unsere Hygienekonzept und der Lehrbetrieb robust aufgestellt ist, um genau in so einer Situation trotzdem zu funktionieren.“ Allerdings hätten sie und verschiedene Kollegen den Eindruck, dass die Zahlen der Studierenden in den Hörsälen zurückgingen. Dies sei womöglich nicht nur auf die Verschärfung hin zu 2G zurückzuführen, sondern vielleicht könne es auch sein, dass Studierende auch als Geimpfte so kurz vor Weihnachten ihre Kontakte reduzieren wollten, vermutet die Prorektorin. Und versichert: „Ich bleibe im Hörsaal, solange noch Studierende kommen.“

Wissenschaftsministerin Bauer wirbt ebenfalls für ein Präsenzstudium

Das ist ganz im Sinne von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne). Diese hatte am 25. November auf ihre Beweggründe hingewiesen, nicht wieder auf einen weitgehenden Onlinebetrieb umzustellen: „Junge Menschen können nicht ein ganzes Studium durchlaufen, ohne die Hochschule auch in nennenswertem Umfang in Präsenz erlebt zu haben.“