Die Wissenschaft will große Themen wie Klimawandel oder demografischen Wandel gemeinsam mit der Gesellschaft anpacken – ein Schritt auf dem Weg dorthin soll in den Reallaboren der Universität Stuttgart gemacht werden.

Stuttgart - Wie kann in einer zugeparkten Stadt öffentlicher Raum zurückerobert werden? Welche Alternativen gibt es zum feinstaubintensiven Verkehr? Wie lässt sich die Mobilität von tausenden Mitarbeitern, Patienten und Anliegern rund um ein Krankenhaus wie das Marienhospital angenehmer gestalten? Es sind Fragen wie diese, mit denen sich das Reallabor für nachhaltige Mobilitätskultur auseinandersetzt. Nicht nur für die Bürger, sondern mit den Bürgern. „Dass die Wissenschaft große Themen wie Klimawandel, Ressourcenschutz oder demografischen Wandel nur gemeinsam mit der Gesellschaft anpacken kann, ist mittlerweile weitgehend Konsens“, erklärt Elke Uhl, Leiterin des Internationalen Zentrums für Kultur- und Technikforschung (IZKT), das einer der Akteure des transdisziplinären Projekts ist. „Wie genau das geschehen kann, darüber gehen die Meinungen allerdings auseinander. Reallabore sind eine wunderbare Produktionsstätte, um erfolgversprechende Wege ausfindig zu machen.“

 

Baden-Württemberg nimmt bundesweit eine führende Rolle ein, was das neue Modell angeht. „Wir sind selbst Gegenstand wissenschaftlicher Evaluation“, so Uhl. „Überall in Deutschland schaut man gespannt, was sich hier entwickelt.“ Einiges hat sich bereits getan: Ein kostenloses Lastenrad und eine Bürgerrikscha sind in der Stadt unterwegs, ein Parking Day im September soll Parkflächen in Miniaturerholungsräume verwandeln. Der Weg zur erfolgreichen Entwicklung und Umsetzung zukunftsträchtiger Ideen ist jedoch nicht immer einfach. Die studierte Philosophin räumt ein, eine gemeinsame Sprache zu finden, um die Probleme zu identifizieren und zu Lösungen zu gelangen, erfordere verglichen mit traditionellen Forschungsformaten viel Mühe, Sensibilität und Offenheit.

Schulbauten der Zukunft

Das Real-Labor Urban Office widmet sich in Zusammenarbeit mit der Uni Heidelberg der nachhaltigen Stadtentwicklung in der Wissensgesellschaft, „Stadtquartiere 4.0“ nimmt die Entwicklungspotenziale von Herrenberg und Stuttgart unter die Lupe, „Stadt-Raum-Bildung“ verfolgt unter anderem das Ziel, Schulbauten mit den neuen Anforderungen in Einklang zu bringen, die mit Inklusion oder Ganztagesbetrieb einhergehen. Beim „Tag der Wissenschaft“ am Samstag konnte man in den Räumen der Reallabore mit Bauklotz-Modellen Stadtplanung betreiben. So spielerisch geht es in den Zukunftswerkstätten freilich nicht immer zu. Die Realität, die manche Vision zurechtstutzt, bleibt stets im Blick. „Einfach die schöne neue Schule zu erfinden und hübsche Modelle zu entwerfen, hilft in der Praxis natürlich nicht weiter, weil man mit existierenden Schulgebäuden und Quartierumgebungen zurechtkommen muss“, gibt Elke Uhl zu verstehen. „Die größte Herausforderung sehen die Kolleginnen vom Reallabor „Stadt-Raum-Bildung“ im Abbau von Grenzen: physischen Grenzen wie den Wänden aus Beton, aber auch psychischen Grenzen, etwa Gewohnheiten und Hoheitsrechten der Akteure. Umdenken ist oftmals schwieriger als umbauen und manchmal muss man provozieren, um ein Umdenken anzustoßen. Dieser Prozess wird von uns begleitet.“

http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.neue-mobilitaet-die-stadt-der-zukunft.5f104004-4d29-467e-a960-ed1a7f709b92.html

http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.tag-der-wissenschaft-uni-stuttgart-oeffnet-die-labortueren.ab996ecc-4250-4389-aec0-ff51f79c2068.html

http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.marienplatz-wird-zu-mobilitaets-marktplatz-urbane-fortbewegungsmittel-kennenlernen.646cf146-0c22-4702-a5b3-728292b1c9ea.html