Der Posten ist lukrativ, das Jahresgehalt beträgt bis zu 500 000 Euro. Trotzdem findet sich in Freiburg kein Nachfolger für den 78-jährigen Leitenden Ärztlichen Direktor der Uniklinik.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Freiburg - Dreimal hat Jörg Rüdiger Siewert bereits seinen Vertrag als Leitender Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender der Uniklinik Freiburg bereits verlängert. Inzwischen ist der Chirurg 78 – und somit in einem Alter, in dem viele längst in Rente sind. Nun könnte er seinen Ruhestand ein weiteres Mal hinauszögern, denn der Aufsichtsrat der Uniklinik hat vier Monate vor Vertragsablauf keinen Nachfolger für Siewert aufgetrieben.

 

Siewert wurde eigentlich als Krisenmanager geholt

Eigentlich war er im Jahr 2010 nur als Krisenmanager geholt worden, nachdem es Querelen um seinen Vorgänger Wolfgang Holzgreve gegeben hatte. Die Übergangszeit sollte bald wieder beendet werden. Doch im November 2011 wurde Siewert, der das Münchner Klinikums rechts der Isar leitete und Chef der Uniklinik Heidelberg war, von der baden-württembergischen Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) als regulärer Chef verpflichtet. 2015 wurde der Vertrag erneut bis Ende Oktober 2018 verlängert.

Der unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnete Mediziner hat bei der letzten Vertragsverlängerung vor drei Jahren eingestanden, dass er seinen Job – Jahresgehalt 400 000 Euro plus 100 000 Euro Erfolgsbeteiligung – „nicht ungern mache“, denn Chef sein, das sei „ein bissle“ sein Jungbrunnen. An der Freiburger Uniklinik reicht das aber vielen mittlerweile nicht mehr als Begründung für „weiter so“. Hinter vorgehaltener Hand wird vernehmlich gegrummelt, öffentlich zitieren lassen will sich jedoch niemand.

Die Zahl der Bewerber hält sich in Grenzen

Doch ein Nachfolger fällt nicht vom Himmel, und die Suche war bislang nicht von Erfolg gekrönt. „Wir sind auf einem guten Weg, bald eine Lösung zu finden“, hatte der Aufsichtsratsvorsitzender Clemens Benz, der Abteilungsleiter in Bauers Ministerium ist, noch im November 2017 gegenüber unserer Zeitung beteuert. Seitdem wurden verschiedene externe Kandidaten in Augenschein genommen, am Ende aber keiner verpflichtet.

Der Posten ist lukrativ, doch die Zahl der Bewerber, die sich die Leitung eines renommierten medizinischen Großbetriebs mit über 10 000 Beschäftigten, einer Garde von selbstbewussten ärztlichen Direktoren und vielen Zugriffen von Seiten der Kassen und der öffentlichen Hand zutrauen, ist überschaubar. Und von den Bewerbern, die den Hut in den Ring werfen, fallen etliche durch das Raster von Kriterien, die ein Aufsichtsrat aufstellt: Durchsetzungsstark und kooperativ zugleich soll der Klinikchef sein – und die widerstrebenden Interessen moderieren und ausgleichen. Wie Fußball-Bundesligatrainern muss solch eine Koryphäe zudem meist aus einem laufenden Vertrag losgeeist werden. Mit dem entsprechendem Poker um das Gehalt.

Zwei Kandidaten haben abgesagt

Aus einer Reihe von Vorschlägen, die eine Personalagentur unterbreitet hatte, sind am Ende nur zwei in die engere Wahl gekommen. Beide haben abgesagt. Norbert Pfeiffer, kommissarische Uniklinikchef in Mainz, wurde dort kurz vor Toresschluss zum ordentlichen Chef befördert und bleibt an alter Wirkungsstätte. Der Kandidat Burkhard Göke, Chef der Uniklinik Hamburg-Eppendorf, hat angekündigt, seinen Vertrag bis zu seiner Verrentung im Jahr 2022 zu verlängern – nachdem der Hamburger Senat seiner Klinik neue Mittel in Höhe von 56 Millionen Euro pro Jahr bewilligt hatte. Außerdem hat Hamburg bereits eine moderne neue Universitätskinderklinik, die in Freiburg erst noch realisiert werden muss. Ob auch Gökes deutlich höheres Gehalt in Hamburg – angeblich 570 000 Euro – im Weg stand, ist nicht bekannt.

Mediziner ist angeschlagen

Dass Siewerts Amtszeit tatsächlich noch mal verlängert wird, ist trotzdem wenig wahrscheinlich. Der Mediziner ist gesundheitlich angeschlagen. Möglicherweise wird sein Stellvertreter, der Zahnmediziner Rainer Schmelzeisen (60), die Leitung kommissarisch übernehmen. Das Thema wird wohl auf der Aufsichtsratssitzung an diesem Freitag besprochen. Der Aufsichtsratsvorsitzende Benz, sieht sich „in einem solchen Stadium“ aber nicht in der Lage, Auskunft zu geben und lässt einen Sprecher erklären: „Gegenwärtig sind wir in laufenden Gesprächen, es handelt sich um ein komplexes Verfahren.“ Und noch ein weiterer Posten im Freiburger Klinikvorstand muss möglicherweise neu besetzt werden: Kerstin Krieglstein, die Dekanin der medizinischen Fakultät der Uni Freiburg, hat sich als Rektorin der Universität Konstanz beworben.