CDU und CSU haben in der Zuwanderungsfrage einen auslegbaren Formelkompromiss gefunden, der erst noch ausgefüllt werden muss, sagt unser Politikredakteur Christopher Ziedler.

Berlin - Der Formelkompromiss zur Obergrenze, der sich am Sonntagabend angedeutet hat, ist erst einmal genau das. Er macht den Weg frei für Gespräche über eine schwarz-gelb-grüne „Jamaika“-Koalition und vertreibt kurzfristig den Eindruck partei- und staatspolitischer Handlungsunfähigkeit. Gelöst sind die unionsinternen Probleme nicht.

 

Der Kompromiss kann bei den Koalitionsverhandlungen wackeln

Das gilt erst einmal für den Verhandlungsprozess selbst, da jedes Zugeständnis gegenüber Grünen und Liberalen das mühsam aufgebaute Kompromissgebäude wieder zum Einsturz bringen kann. Erst recht könnte es in den ersten Regierungsmonaten in Gefahr geraten, wenn sich die für die CSU so bedeutsame Landtagswahl 2018 nähert und die Bayern wieder einmal in der Rolle der regierungsinternen Opposition zu punkten gedenken sollten. Und nicht zuletzt ist ein markiger neuer Konservatismus, der Seehofer vorschwebt, mit der stets alles abwägenden Merkel nicht zu machen.

Die Einigung bringt auch nicht das Gewicht auf die Waage, das die beiden Kontrahenten ihr noch vor der Bundestagswahl verliehen hätten. Beide Parteichefs sind nach den großen prozentualen Verlusten angeschlagen. Das gilt insbesondere für den bayerischen Ministerpräsidenten – der nach dem Parteitag Mitte November nicht mehr zwingenderweise auch der CSU-Chef sein muss.