Die Universität Hohenheim liegt mit 30 Prozent Professorinnen über dem Durchschnitt. Was macht die Hochschule bei der Gleichstellung richtig? Und wo hapert es noch?

Filderzeitung: Rebecca Anna Fritzsche (fri)

Hohenheim - An der Universität Hohenheim verzeichnet man steigende Zahlen an Professorinnen: 30,1 Prozent machen sie aus, das sind mehr als der Bundesdurchschnitt von 24,7 Prozent sowie der Landesdurchschnitt von 22,2 Prozent.

 

„Zu den Gründen gehört sicher unser transparentes Rekrutierungsmanagement“, sagt Marion Büttgen, die stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte der Universität. Steht eine Berufung zum Professor oder zur Professorin an, so würden gezielt weibliche Kandidatinnen kontaktiert, und aufgefordert, sich zu bewerben.

„Das muss auch dokumentiert werden“, sagt Büttgen. Studien hätten ergeben, dass Frauen sich nur auf Stellen bewerben, wenn sie so gut wie alle Vorgaben erfüllen – Männer dagegen bewerben sich schon, wenn nur ein paar der Vorgaben erfüllt seien. Auch was die Lebensläufe angehe, so würden beispielsweise Erziehungszeiten bei den Publikationsleistungen angerechnet.

Büttgen forscht zu ähnlichen Themen

Außerdem seien die Gleichstellungsbeauftragten der Fakultäten in Hohenheim „professoral besetzt“ und nicht mit beispielsweise Verwaltungsmitarbeitern. „Dass sie ein volles Stimmrecht in der Berufungskommission haben, spielt auch eine Rolle“, sagt Büttgen.

Sie lobt die Atmosphäre an der Uni: „Ich habe nicht das Gefühl, dass man hier für die Frauenrechte kämpfen muss, es wird nach Leistung geschaut.“ Die Professorin ist Fachgebietsleiterin am Institut für Marketing und Management und untersucht ähnliche Themen. „Wir haben zum Thema weibliche Führungskräfte geforscht“, erzählt Marion Büttgen, „dabei haben wir herausgefunden, dass es durchaus einen bestimmten Charaktertyp gibt, eine bestimmte Persönlichkeitsstruktur, die bei Führungskräften in hohen Positionen vorhanden sind“. Dies sei jedoch geschlechterunabhängig – solche Persönlichkeitsstrukturen finden sich sowohl bei Männern wie auch bei Frauen, so Büttgen.

Wo gibt es Nachbesserungsbedarf?

Sicher sei, dass Professorenstellen enorm zeitaufwendig seien. „Es hängt viel damit zusammen, wie kompatibel eine Stelle mit dem eigenen Leben ist“, sagt Büttgen. Der Weg zur Professorinnenstelle sei sehr arbeitsintensiv, kompetitiv und aufwendig. „Wenn man den Weg einschlägt nach der Promotion, dann geht man das Risiko ein, für den Arbeitsmarkt nicht mehr optimal qualifiziert zu sein, falls es mit der Professorenstelle nicht klappt“, sagt sie.

Nicht zu vergessen: Selbst wenn beide Partner in einer Beziehung Karriere machen, sei es trotzdem oft so, sagt Büttgen, dass es die Frauen seien, an denen die Mehrfachbelastung von Haushalt und Kinderbetreuung hängt.

Aber auch in Hohenheim gibt es Nachbesserungsbedarf. Beispielsweise beträgt der Frauenanteil im Senat lediglich 21,9 Prozent. Unter den 18 Vertretern der Professorenschaft seien es sogar nur 5,5 Prozent: 17 Männer und eine Frau. „Es ist eine Zusatzbelastung“, sagt Marion Büttgen, „als Wissenschaftlerin bringt einem das nicht so viel“. Klar, dass man sich dann frage, ob man diesen Aufwand leisten könne, neben Beruf, Haushalt und Kindern. „Es ist leider in unserer Gesellschaft noch wenig anerkannt, sich als Mann zurückzunehmen und sich verstärkt um Haushalt und Kinder zu kümmern“, sagt Büttgen.