Die Universität Stuttgart will bei der Mobilität und dem Gebäudemanagement messbar umweltfreundlicher werden. Für ein Projekt bekommt sie nun 3,54 Millionen Euro Fördergeld vom Land. Die Wissenschaftler haben einige Knüller auf Lager.

Vaihingen - Die Wissenschaftler vom Vaihinger Uni-Campus haben nicht nur den fernen Weltraum im Blick, ihr Augenmerk gilt auch irdischen Problemen. Das zahlt sich aus, denn das Mobilitätskonzept Mobilab der Universität Stuttgart für den Vaihinger Campus wird vom Landes-Wissenschaftsministerium für den Zeitraum von zwei Jahren mit 3,54 Millionen Euro gefördert.

 

Das Projekt könnte als Blaupause dafür dienen, wie Stadtquartiere ihren Verkehr ohne Ausstoß an Schadstoffen organisieren. Bereits 2019 ist die Uni für ihr interdisziplinäres Konzept ausgezeichnet worden, nun kann die Uni beginnen, das Projekt umzusetzen.

Bei einer Auftaktveranstaltung jüngst in der Forschungsfabrik Arena auf dem Campus Vaihingen sagte die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer, dass klimafreundliche Mobilitätslösungen praktikabel und vor allem erlebbar gemacht werden müssten. Denn nur so könnten sie zu einem geänderten Verhalten beitragen: „Ein Hochschulcampus kann das ideale Reallabor sein, in dem neue Ideen entwickelt, getestet und umgesetzt werden“, sagte sie. Mit dem vielversprechenden Konzept Mobilab könne die Universität zeigen, wie nachhaltige Mobilität nutzerfreundlich umgesetzt werden könne.

Der Strom kommt vom Dach des großen Parkhauses

Entsprechend den globalen 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen und der internen Profilbildung mit der Vision „Intelligente Systeme für eine zukunftsfähige Gesellschaft“ hat die Uni Stuttgart in ihrem „Strategiedialog Nachhaltigkeit“ mit allen Mitgliedsgruppen der Universität festgelegt, dass für die Sektoren Mobilität und Gebäudemanagement die energiebezogene Klimaneutralität bis zum Jahr 2035 erreicht werden soll.

Um die Autos vom Campus fernzuhalten, braucht man erst einmal ein Parkraummanagement und ein großes Parkhaus in der Nähe. Der Universität schwebt ein Parkhaus vor, das sich über die B 14 am Johannesgraben spannt. Dabei geht es nicht nur ums Parken, sondern auch um umweltgerecht produzierten Strom: Auf das Dach sollen Fotovoltaik-Elemente, mit denen die Uni den Strom erzeugt, den sie für ihr eigenes Elektro-Mobilitätskonzept braucht. Weil es Zeit braucht, bis dieses Parkhaus steht, kommen zwei Parkhäuser an der Universitätsstraße als Träger der Fotovoltaik-Anlagen in Betracht. Weil durch die zukünftige Parkraumbewirtschaftung auf dem gesamten Campus die Zahl der Parkplätze stark reduziert werden kann, können auf den frei werdenden Flächen weitere Gebäude mit Fotovoltaik-Dächern entstehen.

Die E-Scooter fahren selbstständig zur Station zurück

Rund 40 000 Fußwege werden nach Angaben der Universität täglich auf dem Uni-Gelände zurückgelegt, circa 40 Prozent davon sind mehr als 400 Meter lang. Mit dem Wegfall der Parkplätze werden sie sich natürlich verlängern. Damit Studenten und Angestellte der Uni trotzdem auf dem Campus zügig vorankommen, sollen autonom fahrende elektrisch angetriebene Shuttlebusse eingesetzt werden. Sie sollen anfangs auf einer Rundstrecke mit verschiedenen Stationen verkehren. Im nächsten Schritt wird ein Dienst eingeführt, mit dem die Busse von den Fahrgästen über eine App angefordert werden können. In den Fahrzeugen ist Platz für bis zu 40 Personen, weil man vom Parkhaus weg größere Kapazitäten anbieten muss. Der Clou bei diesen elektronischen Shuttlebussen ist, dass sie autonom fahren und dass sie während der Fahrt durch Induktion geladen werden können. Sie müssen also nicht stundenlang ungenutzt an einer Ladestation stehen. Das Verfahren dafür haben haben Institute der Uni entwickelt. Dabei ist gewährleistet, dass zwischen den Elektrospulen unter dem Asphalt und der Energieaufnahme am Fahrzeugboden noch genügend Bodenfreiheit besteht.

Außerdem haben die Forscher einen weiteren Knüller auf Lager. Es gibt einen Verleih mit E-Scootern. Die Erfahrung damit im In- und Ausland zeigt aber, dass die Fahrzeuge oft nach Gebrach im Gelände angestellt werden, aber nicht dort, wo sie hingehören. Deshalb haben die Forscher herumliegenden E-Scootern nicht nur das selbstständige Aufstehen beigebracht, die Scooter fahren auch mit Schrittgeschwindigkeit selbstständig zur Verleihstelle zurück. Normalerweise müssten rund 6000 E-Scooter zur Verfügung stehen. Durch das autonome Zurückrollen soll es aber möglich sein, dass ein einziger Scooter 30 Personen am Tag befördert. Es würden also nur 600 Scooter am Tag benötigt.