Unversöhnlich prallen die Aktionärsgruppen aufeinander. Die Investorenfamilie Hastor steht dabei im Gegenwind, will aber nicht lockerlassen. Mitaktionäre misstrauen ihr zutiefst. Auch die Autobauer wie Daimler sind beunruhigt – sagen aber offiziell nichts.

Amberg - Normalerweise ist die Hauptversammlung des Oberpfälzer Kfz-Zulieferers Grammer eine eher dröge Veranstaltung von überschaubarem Interesse. Diesmal wird schon auf den ersten Blick klar, dass das diesjährige Eignertreffen aus dem Rahmen fällt. Wer zum Veranstaltungsort, dem Amberger Kongresszentrum will, muss sich durch Hunderte protestierende Grammer-Mitarbeiter kämpfen. Drinnen ist wie sonst nie jeder Stuhl besetzt und eine angespannte Stimmung fast mit Händen greifbar. Dann erklimmt Konzernchef Hartmut Müller das Rednerpult. „Das ist möglicherweise die wichtigste Hauptversammlung ihres Unternehmens“, sagt er unheilsschwanger. Falls sie aus seiner Sicht falsch ausgeht, könnte die Zukunft von Grammer essenziell gefährdet sein. Denn ein Investor, hinter dem der deutsch-bosnische Investorenclan Hastor steckt, will beim Mittelständler brachial das Sagen übernehmen.

 

Müller müsse abgelöst und der Aufsichtsrat in weiten Teilen durch Hastor-Vertraute neu besetzt werden, fordert der Grammer-Großaktionär, der 23 Prozent der Firmenanteile hält. Dagegen stemmt sich eine breite Front des Widerstands aus Grammer-Management, Betriebsrat, IG Metall und Politik. Schon vorigen Sommer sind die Hastors zum Schreckgespenst deutscher Autobauer geworden. Da hat die Prevent-Gruppe der Hastors bei VW per Lieferstreik tagelang die Bänder zum Stillstand gebracht, um einen VW-Auftrag zu günstigen Konditionen zu erzwingen. So etwas hatte bis dahin noch kein Zulieferer gegenüber einem mächtigen Großkunden in Deutschland gewagt.

Die deutschen Autokonzerne sind besorgt

In Brasilien hatten sich Hastor-Firmen allerdings schon 2015 mit ähnlichen Methoden gegen VW gestellt, erzählen Insider. „Prevent übernimmt Lieferanten und dann beginnen die Probleme“, beschreibt einer von ihnen das Vorgehen. Nun wollen die Hastors bei Grammer das Sagen haben. „Wir machen uns Sorgen und beobachten das“, heißt bei einem der deutschen Autokonzerne, die Grammer aktuell beliefert. Falls die Hastors übernehmen und auch Grammer dann zum unzuverlässigen Lieferanten werde, dauere es Jahre, bis man für alle Grammer-Produkte einen Alternativlieferanten etabliert habe.

Offen sagt kein Grammer-Kunde, wie man auf eine Machtübernahme durch die Hastors reagieren würde. „Kein Kommentar“, heißt es bei Daimler. Begeistert dürfte man in Stuttgart nicht sein. Immerhin streitet sich Daimler mit dem Investorenclan aktuell wegen eines Auftrags vor Gericht. Was der strategisch mit Grammer vorhat, wollte dem Vernehmen nach Grammer-Kunde BMW erfahren. Die Münchner ernteten ebenso Schweigen wie zuvor schon Politiker und das Grammer-Manager.

Das Misstrauen gegenüber den Hastors sitzt tief

Auch Grammer-Aktionäre stellten diese Frage beim Eignertreffen an die Adresse von Hastor-Vertreter vergeblich. Das Misstrauen, das sie der Investorenfamiie entgegenbringen, ist nahezu allumfassend. Eine Spur der Verwüstung hätten „die Hastoren“ bei anderen deutschen Gesellschaften hinterlassen, die sie übernommen haben, wollte einer wissen. Grammer dürfe nicht Opfer undurchsichtiger Machenschaften werden und unter Kontrolle eines bösartigen Investors von zweifelhaftem Ruf geraten, warnte ein Vertreter der Aktionärsschutzvereinigung DSW. Andere sprachen von einem bösartigen Anschlag auf Grammer und unverständlicher Kritik am Grammer-Management angesichts eines Rekordjahrs 2016.

Hastor-Vertreter wiederum warfen Müller und dem Grammer-Aufsichtsrat unter Führung von Klaus Probst mehrfach Lüge, Verrat von Grammer-Geschäftsgeheimnissen und Untreue vor. Letzteres könne eine Schadenersatzpflicht auslösen. Die Vertrauensbasis zwischen Müller und der Hastor-Familie als Grammer-Großaktionär sei unrettbar zerstört. Weder sei Grammer durch die Aktivitäten der Hastor-Familie im Bestand gefährdet, noch plane diese eine formelle Übernahme, werde aber auch nicht wieder bei Grammer aussteigen. Dem Schlagabtausch vorangegangen war der vergebliche Versuch von Hastor-Anwalt Franz Enderle, Grammer-Hauptversammlungsleiter Probst als befangen ablehnen und durch einen Hastor-Vertrauten ersetzen zu lassen. Probst ließ das als unbegründet nicht zur Abstimmung zu. „Damit hat sich die Hauptversammlung erledigt“, erklärte Enderle. Alle Beschlüsse seien nichtig oder anfechtbar, was Gerichte nun feststellen müssten. Dafür werde er im Namen seiner Mandanten sorgen. Ein der extrem konfrontativen Hauptversammlung war bis zum Mittwochnachmittag nicht absehbar.