Die Gemeinderäte von Korntal-Münchingen entscheiden am Donnerstag, ob der Ganztagsunterricht in den Grundschulen in Wahlform kommt oder Pflicht wird. Münchinger Eltern sind alarmiert.

Ob es im Großen Sitzungssaal des Korntaler Rathauses an diesem Donnerstag voll ist? Das Thema, über das der Gemeinderat entscheidet, erhitzt jedenfalls die Gemüter, seitdem es öffentlich diskutiert wird: die Art der Ganztagsschule, die ab dem Schuljahr 27/28 den Hort an den Grundschulen in Korntal und Münchingen ersetzt.

 

Wahlform oder verpflichtend für alle Schüler? Ganztag an drei oder vier Tagen pro Woche? Die großen Fragen, die alle Beteiligten umtreibt und auf die der Gemeinderat eine Antwort finden muss. Denn nur dann können die Schulen ihre Konzepte weiterentwickeln. Die Zeit drängt: Ihren Antrag muss die Stadt Korntal-Münchingen als Schulträger spätestens zum 1. Oktober 2026 beim Schulamt einreichen, das ihn binnen eines Jahres prüft. Der Antrag muss unter anderem das jeweilige pädagogische Konzept zur Umsetzung des Ganztagsbetriebs enthalten.

Die Ansichten über das richtigeGanztagsmodell gehen auseinander

„Egal welches Modell: Es wird zufriedene und glückliche Eltern geben und unzufriedene und unglückliche“, meint Claudia Winker. Sie leitet die Flattichschule Münchingen – und geht es nach ihr und ihrem Team, wird dort der Ganztag für alle Kinder verbindlich. Laut Winker lässt sich nur mit dem verpflichtenden Ganztag unter anderem Chancen- und Bildungsgerechtigkeit erreichen.

Geht es nach der Schulleiterin Claudia Winker und ihrem Kollegium, wird in der Flattichschule Münchingen der Ganztagsunterricht Pflicht für alle Kinder. Foto: privat

Die Ansichten über das richtige Modell gehen bei den Kommunalpolitikern wie Eltern auseinander. Manche Gemeinderäte sowie die Stadtverwaltung plädieren für die Wahlform an beiden Schulen. Andere tendieren zur Pflicht zumindest an einer Schule, nämlich der Flattichschule.

Eltern aus Münchingen fürchten mit Pflichtmodell noch mehr Belastung

Ähnlich sieht es bei betroffenen Müttern und Vätern aus. In einer Whatsapp-Gruppe haben sich mehr als 220 Eltern zum Informationsaustausch vernetzt. Und während unabhängig davon einige Eltern fordern, den Schulen beim Ganztagsunterricht zu vertrauen – schließlich seien sie die Experten und am nächsten am Kind dran – widersprechen dem andere: In einer E-Mail an unsere Zeitung wehren sich Münchinger Eltern gegen die verpflichtende Ganztagsschule. Diese würde ihrer Ansicht nach die Belastung, die für die Kinder bereits im regulären Schulalltag bestehe, „erheblich steigern“. Extremer Stress in der Grundschulzeit könne enorme Folgen für Kinder haben. Die Eltern kritisieren, mit einem verpflichtenden Modell würden alle Kinder über einen Kamm geschert, persönliche Bedürfnisse ignoriert, und würde die Chance auf individuelle Entfaltung massiv beschnitten.

 

Zudem verweisen sie auf die Ergebnisse der Befragung, mit der die Stadtverwaltung die Bedarfe der Eltern wissen wollte. „Insgesamt trifft die Wahlform auf mehr Zustimmung der Eltern“, sagte Catharina Thieme, die den Fachbereich Familie, Bildung und Soziales leitet, im Ausschuss für Verwaltung und Soziales. In Korntal fällt die Zustimmung pro Wahlform klarer aus als in Münchingen, hier wollen mehr Eltern die verbindliche Form. Aber: Wer sich für die Halbtagsschule ausspricht, wird den Stimmen pro Wahlform zugeschlagen.

„Wie kann man eine so deutliche Mehrheit einfach ignorieren?“, fragen die Münchinger Eltern. Sie seien massiv enttäuscht, geschockt und wütend. „Wenn Entscheidungen so klar gegen die Wünsche der Mehrheit getroffen werden, wirft das nicht nur ein schlechtes Licht auf die Verantwortlichen, sondern schadet auch dem Ruf der Stadt.“ Die Verwaltung hatte vorgeschlagen, die pädagogischen Konzepte für beide Ganztagsgrundschulen in Wahlform auf Grundlage des Modells drei Tage à sieben Zeitstunden weiter zu erarbeiten.

Dann kam der Änderungsantrag des Freien Wählers Marco Schradetzki, in Münchingen das Pflichtmodell einzuführen. Dem stimmten vier Ausschussmitglieder zu. Drei waren dagegen, fünf enthielten sich. Das Votum ist allerdings bloß eine Empfehlung an den Gemeinderat. Die finale Entscheidung kann am Donnerstag ganz anders ausfallen.