Die US-amerikanische Künstlerin Bennie Flores Ansell zeigt eine ebenso zarte wie unterhaltsame Arbeit, die zu lebhaften Gedankenspielen einlädt.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-Süd - Ein hingehauchtes Werk empfängt den Besucher in der kleinen Galerie von Ute Noll. Transparente runde Bildchen sind mit Nadeln an die Wand gepinnt. Was auf ihnen zu sehen ist, erkennt man zunächst nicht. Vielmehr wird man der Anordnung des ganzen gewahr, die einer heimlichen Choreografie zu gehorchen scheint. An einigen Stellen der weißen Galeriewände häufen sich die Miniaturbilder, an anderen dünnen sie aus zur feinen Spur. Die Formation erinnert an Vögel, die sich im Herbst für den Abflug gen Süden sammeln.

 

Schweifen und vertiefen

Tritt man näher, erkennt man die Motive auf den kronkorkengroßen Bildern. Manche sind vertraut – ein Stück Stillleben von Cézanne, ein paar abstrakte Kringel von Miró, Blumen von van Gogh. Man findet lauter kleine Überraschungen, wie bei einem Adventskalender, und bald scannt das Auge die transparenten Bildchen ab, in freudiger Erwartung, wieder auf etwas Vertrautes zu stoßen.

Ihr Material stamme aus dem Museum of Fine Arts in Houston, Texas, erklärt Bennie Flores Ansell. Die US-amerikanische Künstlerin verwendet alte Diapositive, die einst von den Kunstwerken des Museums angefertigt wurden. Heute ist das Bildmaterial digitalisiert und die Dias sind überflüssig. Ansell hat sie aus den Rahmen genommen und die kreisrunden Stücke herausgeschnitten, die nun an der Wand der Uno-Art-Space-Galerie hängen. Dabei, sagt die Künstlerin, habe sie weniger kunsthistorisches Interesse geleitet. Das einzelne Bildmotiv oder -zitat spiele für sie eine untergeordnete Rolle. Allerdings bereitet es Ansell sichtlich Vergnügen, den Ausstellungsbesucher rätseln zu sehen, warum denn nun gerade ein prominentes Gemäldemotiv auftaucht und warum es just neben einem bestimmten anderen angebracht ist. „Betrachtet man die Installation aus der Nähe, entstehen poetische, teils rätselhafte Geschichten ohne linearen Erzählstrang“, erklärt die Galeristin Ute Noll.

Die Betrachtung gerät zu einem Prozess, der allerlei Assoziationen freisetzt. Und wenn es einem zu viel wird, so tritt man wieder einen Schritt zurück und betrachtet den ganzen Schwarm. Das Betrachten der Arbeit changiert gewissermaßen zwischen Weitwinkel und Zoom, zwischen dem schweifenden Blick und der Vertiefung ins einzelne Bildchen. Es gleicht einem Vexierspiel.

Licht malt mit

Und dann spielt auch noch das Licht in diese Arbeit hinein. „Verändert es sich, verändert sich auch Ansells Installation“, so Ute Noll. Die zarten Schatten der Diabilder, die auf Nadel gespießt etwas Abstand zur Wand halten, wandern und variieren die Schwarmformation des Gesamtwerks. Man kann also gut und gern am Abend wiederkommen, wenn man morgens schon mal da war, und durchs Fenster hineingeschaut hat. Aber einmal empfiehlt es sich auf jeden Fall vorbeizuschauen.