Aus den Augen, aus dem Sinn - der Umgang mit Alt-Fetten ist oft alles andere als umweltbewusst. Die unsachgemäße Entsorgung macht den kommunalen Abwasserbetrieben das Leben schwer.

Mannheim - Hartmut Schulz steht in weißer Schutzkleidung vor einem Rohr, aus dem eine widerliche Masse aus Fett, Essensresten, Feuchttüchern, Damenbinden und anderen Abfällen quillt. „So sieht es aus, wenn Toiletten und Ausgüsse als Mülleimer genutzt werden“, sagt der Abteilungsleiter der Stadtentwässerung Mannheim am Dienstag. Der Ingenieur ist mitverantwortlich für die Sanierung des größten Abwasserdükers der Stadt. Ein Düker ist eine Leitung unter einer Straße oder einem Fluss - im Mannheimer Fall der Altrhein - hindurch. Die offenen Rohre, die noch Müllreste enthalten, sollen im Rahmen eines zwei Millionen Euro teuren Projekts an neue Kunststoffrohre angeschlossen werden. Laut Schulz besteht das eklige Gemisch zur Hälfte aus Fett. Daher fordert er mehr Kontrollen bei Restaurants und Imbissbuden. „Die haben entweder keinen Fettabscheider oder reinigen ihn nicht“, vermutet er.

 

Ablagerungen können Kanalrohre verstopfen

Im Kampf gegen unsachgemäße Entsorgung steht die badische Kommune nicht allein da. „Das ist überall ein Thema“, sagt Frank Bringewski von der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA). Nach Ansicht des Verbandes machen Fette den Kommunen wegen geringerer Abwassermengen, verstärkter Geruchsbildung und Ablagerungen immer mehr zu schaffen.

Warum bereitet den Kommunen die Entsorgung durch das WC oder Spülbecken so viele Probleme? Ablagerungen von erkaltetem Fett und anderen Abfällen können die Kanalrohre verstopfen. Hinzu kommen aggressive Säuren aus Fettablagerungen, die das Material angreifen und auch oberirdisch schlechte Gerüche verbreiten. Ratten werden davon angezogen. Nach Schulz’ Schätzung kommen auf jeden Mannheimer drei Ratten.

Die Stadt hat mehrere Hundert Restaurants und Imbissbuden angeschrieben und danach gefragt, ob sie Fettabscheider nutzen und diese auch reinigen. „Das ist ein erster Schritt“, sagt Experte Schulz. Wichtig sei aber zu checken, ob die Abwassersatzung wirklich umgesetzt werde. Solche Prüfungen ließen sich etwa mit der Lebensmittelkontrolle verbinden.

Toilette und Ausguss nicht als Mülleimer nutzen

Die Stadt wendet sich mit dem Appell, Toilette und Ausguss nicht als Mülleimer zu nutzen, auch an Privathaushalte. Nach dem Braten müsse das Öl nicht im Ausguss landen, sondern könne mit Küchentüchern aufgesogen und im Bio-Müll entsorgt werden. Für die professionelle Leerung und Reinigung gibt es Spezialfirmen, die das Fett der Weiterverarbeitung zuführen. „Fett ist Energie“, sagt der Leiter des Eigenbetriebs Stadtentwässerung, Alexander Mauritz. Altfette können für die Erzeugung von Biogas und Bioethanol oder als Industriefett genutzt werden. „Auch ein Labello-Stift kann daraus entstehen“, erläutert Mauritz. Mannheims Umweltbürgermeisterin Felicitas Kubala macht darauf aufmerksam, dass für die Kosten für die Beseitigung der unterirdischen Müll-Malaise nicht die Verursacher, sondern alle Gebührenzahler aufkommen müssen.

Umweltbewusster Umgang mit Fetten

Bei allem Unmut geht es den deutschen Abwasserbetrieben noch gut - etwa im Vergleich zu Großbritannien, wo immer mal wieder Fett-Berge im Kanalsystem für Schlagzeilen sorgen. Vor Weihnachten 2019 mussten in London zwei Fett-Berge mit zusammen fast 100 Tonen beseitigt werden. Die Behörden nahmen das zum Anlass, die Bevölkerung zu umweltbewusstem Umgang mit Fetten aufzurufen. Sonst drohten Überflutungen in Häusern und Geschäften.

„So weit sind wir hier aber nicht“, erläutert Schulz. Es werde nicht gewartet, bis die Zustände unhaltbar seien. Das Kanalnetz werde regelmäßig alle zwei Jahre durchgespült, die Düker wegen der niedrigen Fließgeschwindigkeit jedes Vierteljahr. Was sich nach der Hochdruck-Reinigung hartnäckig hält, wird von Tauchern beseitigt.