In einer Einzelzelle im Gefängnis bricht ein Feuer aus. Der Häftling erleidet schwerste Verbrennungen und stirbt. Dann kommt heraus: Er ist nicht der, der in der Zelle im rheinischen Kleve sitzen sollte.

Kleve - Ein zu Unrecht inhaftierter Syrer ist zwei Wochen nach einem Feuer in seiner Gefängniszelle gestorben. Das teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Kleve am Montag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Der 26-Jährige hatte demnach mehr als zwei Monate lang unschuldig im Gefängnis gesessen. Mitte September brach in seiner Zelle im rheinischen Kleve ein Feuer aus, der junge Mann erlitt schwerste Verbrennungen. Am Freitag räumten die Behörden ein, dass in der Zelle der Falsche saß. Für den Syrer kam diese Erkenntnis zu spät: Er starb am Samstag in einer Bochumer Klinik.

 

Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen mehrere Polizisten wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung im Amt eingeleitet. „Es spricht einiges für individuelle Versäumnisse von Polizeibeamten bei der Festnahme“, sagte ein Sprecher des NRW-Innenministeriums am Montag. Gegen die Beamten seien neben den Ermittlungs- auch Disziplinarverfahren eingeleitet worden. „Wir nehmen das sehr ernst und überprüfen auch die Abläufe bei der Polizei in Kleve“, hieß es in Düsseldorf.

Inhaftierter trug denselben Namen wie der Gesuchte

Der eigentlich Gesuchte, ein Mann aus Mali, hatte sich mit dem Namen ausgegeben, den auch der Syrer trug. Dieser Name war neben dem richtigen Namen des Gesuchten als Aliasname im Haftbefehl aus Hamburg vermerkt, wie die Ermittler erklärten. Das wurde dem Syrer Anfang Juli in Geldern zum Verhängnis, als seine Personalien kontrolliert wurden und die Polizei ihn festnahm.

Noch im Juli fragte die Hamburger Staatsanwaltschaft nach eigenen Angaben nach, ob die Identität des Festgenommenen tatsächlich geklärt sei. „Das machen wir routinemäßig, wenn Aliasnamen vorliegen“, sagte eine Sprecherin der Hamburger Ermittlungsbehörde. Die Routinefrage sei aus Kleve auch beantwortet worden - mit einem „Nein“. Freigelassen wurde der Syrer danach aber nicht.

Die Hamburger hätten daraufhin noch einmal nachgehakt, sagte deren Sprecherin: Auf welcher Basis der Syrer dann festgehalten werde, wollten sie wissen. Was aus dieser zweiten Nachfrage wurde, sei derzeit unklar.

Gefängnisleiter hatte Suizid als unwahrscheinlich eingestuft

Auch andere Fragen müssen geklärt werden: Lag ein Fahndungsfoto des Gesuchten aus Mali bei? Hätte ein Blick darauf genügt, um den Irrtum aufzuklären? „Das ist nun Teil der Ermittlungen“, sagte Oberstaatsanwalt Günter Neifer in Kleve.

Außer dem Syrer hatten zehn weitere Menschen - acht Bedienstete und zwei Zellennachbarn - bei dem Gefängnisbrand Rauchvergiftungen erlitten. Gefängnisleiter Udo Gansweidt hatte einen Suizid unmittelbar nach dem Feuer als unwahrscheinlich eingestuft, weil der 26-Jährige nur noch bis Mitte Oktober hätte einsitzen sollen: „Für so ein paar Tage bringt sich kein Mensch um.“ Möglicherweise sei er mit einer Zigarette eingeschlafen, hatte es damals geheißen.

Der vermeintliche Haftgrund habe im Bereich der Kleinkriminalität gelegen: eine nicht bezahlte Geldstrafe wegen Diebstahls.