Eigentlich sollte es bei "Unser Star für Baku" um Talente gehen. Doch am Ende erinnert man sich nur an eine Blitztabelle und jubelnde Juroren.

Stuttgart - Was bleibt nach einer abendlichen Casting-Show im Gedächtnis hängen? Die Jury, die sich mit ihren gemein-witzigen Kommentaren die Sympathie des Publikums erworben und dabei erstaunlicherweise auch die der Kandidaten behalten hat? Oder Kandidaten, die die ganze Bandbreite abdeckten: vom braven, aber langweiligen Mädchen von nebenan bis zum Bad Boy, der bereits Allerlei auf dem Kerbholz hat und nun endlich, endlich die erhoffte zweite Chance bekommt? Tja, zumindest an eines von beiden sollte man sich erinnern. Denn ganz ehrlich: Geht es in den Casting-Shows nicht genau darum? Neben dem Singen selbstverständlich.

 

Doch wie so oft im Leben, wird man meist eines Besseren belehrt: Dieses Mal am Donnerstagabend, als der Vorentscheid von „Unser Star für Baku“ in die zweite Runde ging. Hier erinnerte man sich weder an das eine (die Jury mitsamt Kommentaren) noch das andere (Kandidaten mit skandalösen Hintergrundgeschichten). Warum? Nun ja, weil es diese schlicht nicht gab.

Thomas D ist von allen begeistert

Jury-Präsident Thomas D war von allen seinen Kandidaten durchweg begeistert, was vermutlich daran liegt, dass er ja bei der Auswahl jener Kandidaten mitgemischt hat. Wie es sich als Präsident gehört. Leichte Unsicherheiten sah man ihm trotzdem an, denn als er feststellen musste „Ich find' dich geil - kann man das sagen als Mann?“ warf er doch einen fragenden Blick in Richtung seines Companions Raab. Man einigte sich daraufhin einstimmig auf „originell“, das geht als Mann. Und hagelte - Pardon, nieselte - es doch mal Kritik, dann war sie so ein lauer Sommerregen, dass sie schon wieder irgendwie erfrischte. Wahrscheinlich, weil sie so selten war.

Die Jurorin im Dreiergespann Alina Süggeler imponierte zwar durch die Höhe ihrer Absätze, doch ihre Bewertungen und Kommentare waren mindestens so flach, wie die Absätze hoch waren. Ein Ausgleich wäre hier nicht schlecht. Und nicht zuletzt gab es ja noch Stefan Raab, den Schöpfer dieser Show. Er schaffte es doch tatsächlich, besagte fehlende Hintergrundgeschichten in seine Bewertungen einzubauen: „Du bist doch Altenpfleger, oder?“, fragte er Sebastian, der an dritter Stelle gesungen hat. „Bei dir wäre ich gern Opa!“ Wie schön. Weitere Höhe- oder Tiefpunkte gab es dann aber von Seiten der Jury nicht mehr.

Die Blitztabelle lenkt ab

Was nun aber wirklich von den Kandidaten ablenkte - neben der Blitztabelle, die wahrscheinlich die größte Aufmerksamkeit des Publikums bekam - waren die Moderatoren. Man mag es kaum glauben, aber den zwei eigentlich unspektakulärsten Personen des Abends gelang es doch tatsächlich, aufzufallen. Das allein ist ja schon mal etwas, bedenkt man das Unspektakuläre. Doch kaum holte Steven Gätjen die Kandidaten auf die Bühne (zum Singen) und schob sie vor die Jury (von der sie ihr Lob bekamen), da scheuchte er sie auch schon in die Kulisse, wo sie seine Kollegin Sandra Rieß in Empfang nahm. Für Luftholen gab es keinen Platz.

Dass daher die Kandidaten außer Puste waren, nervös oder gar noch überwältigt vom eigenen Auftritt und dem Jury-Lob, kann man verstehen. Da tut die herzliche Umarmung von Frau Rieß, in die man sich stürzen musste sicherlich gut. Wo wir bei der Frage wären, was Moderaten dann machen sollten. Frau Rieß beschloss, Fragen zu stellen, was an sich gesehen keine schlechte Idee ist. Oder doch? Was antwortet eine von der Bühne stürmende Kandidatin wohl auf die Frage „Bist du erleichtert, dass es rum ist?“? Der gesunde Menschenverstand errät es. Bei der Frage „Hey Platz 1, wie find'ste?“ kann die Antwort schon schwerer sein. Denn wie findet man das wohl? Und als dann auch noch Umut nicht wusste, dass aus seiner Heimatstadt die Karamellbonbons kommen, war sie voller Verständnis: „Also, du stehst gar nicht auf Karamell - musst du ja auch nicht...“. Gut zu wissen.

Bei Castingshows geht es um viel mehr als nur die Sänger, deren Talent und Können und die Stimme, das weiß jeder. Doch sollten sie nicht trotzdem im Mittelpunkt stehen? Oder zumindest im Radius dieses Kreises? Das taten am Donnerstagabend die Kandidaten leider nicht. Sie wurden von der Blitztabelle fast aus dem Bildschirm geschoben - und anschließend aus dem Rampenlicht gedrängt: nicht von einer Jury, die was zu sagen hat, sondern von den beiden Moderatoren, die einfach nur störten.