In unserem Stuttgart-Adventskalender öffnen wir jeden Tag ein spannendes Türchen für Sie. Am 24. Dezember zeigt uns Opernsängerin Cornelia Lanz ihre Wohnung, die sie mit Flüchtlingen teilt.

Kultur: Kathrin Waldow (kaw)

Stuttgart - Cornelia Lanz ist ausgebildete Sängerin. Mit Opern, in denen Flüchtlinge die Hauptrollen spielen und ihrem 2014 gegründeten Verein Zuflucht Kultur e.V. hat die 35-Jährige in den letzten Jahren häufig für Aufsehen gesorgt. Auch privat lassen die Sängerin die Themen Flucht und Krieg nicht los. In ihrer Dreizimmer-Wohnung in Stuttgart nimmt Lanz immer wieder Geflüchtete auf.

 

„Das hat sich durch die Arbeit an den Opernprojekten ergeben. Angefangen hat es mit einer Frau aus Rumänien, die mit gepackten Koffern bei mir vor der Haustür saß. Kein normaler Mensch würde jemanden in dieser Situation wegschicken“, sagt Lanz. Für ein paar Wochen zog die Frau, Gabriela – mittlerweile eine gute Freundin von Lanz – bei ihr ein, bis sie schließlich zu ihrer Familie nach Geislingen zog. „Jobbedingt bin ich selbst viel unterwegs und wohne häufig bei Freunden oder Bekannten, deshalb ist es für mich normal, meine Wohnung mit jemanden zu teilen, vor allem wenn die Person Hilfe braucht“, so die engagierte Sängerin.

„Keine Vorschriften machen“

Derzeit lebt sie mit Khaled Alhussein (32) und Youssef Alshalal (22) aus Syrien zusammen. Lanz hat ein eigenes Schlaf- und Arbeitszimmer, Khalet wohnt in einem eigenen Zimmer und Youssef schläft im Wohnzimmer. „Wir sitzen abends in der Küche zusammen, schmieden gemeinsam Pläne, führen erhitzte Diskussionen, kochen, essen und natürlich gibt es auch mal Unstimmigkeiten. Das ist ganz normal. Man muss auch sagen, wenn man mal seine Ruhe haben will. Das gilt für alle“, so Lanz.

Das sieht Youssef genauso. „Es fühlt sich normal an, wie in einer WG“, sagt er. Youssef hat bereits Erfahrungen gemacht – und nicht nur positive. Es ist seine zweite private Unterkunft als Flüchtling in Deutschland. „Wenn sich jemand entscheidet, einen Flüchtling bei sich aufzunehmen, sollte die Person nicht denken, dass sie nur Vorschriften machen kann. Und auch die Flüchtlinge wiederum müssen sich überlegen, ob das für sie passen könnte, ob sie sich an Regeln im Zusammenleben halten können und wollen“, sagt der 22-Jährige, der in Stuttgart Architektur studieren will.

Lanz schätzt vor allem, dass sie mit den beiden auch über ihre Arbeit sprechen kann. Youssef und Khaled hatten beide bei Opernprojekten mitgewirkt und kennen sich deshalb auch mit der Welt und den Problemen aus, die Lanz täglich umtreiben. „Es ist super, dass wir auch über die Opernprojekte sprechen können und die beiden ihre Meinung miteinbringen. Natürlich geht es aber auch sehr häufig um Krieg und Verfolgung und um schlimme Situationen. Wir weinen auch mal zusammen, wenn zum Beispiel einer der beiden lange nichts von seiner Familie in Syrien hört und nicht weiß, wie es ihnen geht“, erzählt die Sängerin. „Es ist insofern natürlich anders, als zum Beispiel mit einem deutschen Studenten zusammenzuleben. Ich helfe auch mal, einen Antrag auszufüllen. Am Ende sollte man sich überlegen, ob man bereit ist, sich auch ein Stück weit um die Person zu kümmern, die man aufnimmt.“

Schneller integriert

Für Youssef hat die WG mit Cornelia Lanz nur Vorteile, wie er sagt: „Es hilft mir, mich schneller zu integrieren, ich lerne schneller, spreche nicht den ganzen Tag arabisch, wie viele in der Flüchtlingsunterkunft, es ist besser für mich.“ Deshalb denkt Youssef auch, dass es besser für andere Flüchtlinge wäre, wenn sie nicht gesammelt untergebracht wären und fügt lachend hinzu: „Ich hätte dort wahrscheinlich nicht so schnell die deutsche Kultur kennengelernt. Jetzt weiß ich zum Beispiel, was die Kehrwoche bedeutet und wenn man zwei mal ja sagt, heißt das auf Deutsch nein.“

Hier geht es zu unserer Multimedia-Reportage über die Oper mit Flüchtlingen.

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