Die Richter begründen ausführlich, warum eine nachträgliche Sicherungsverwahrung nicht in Frage kommt. Auch äußern sie sich über den wahrscheinlichen Grund des Antrags.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Gegen Deniz E., den Haupttäter im Zementmordfall, ist keine nachträgliche Sicherungsverwahrung verhängt worden. Der vorsitzende Richter der 3. Jugendstrafkammer, Joachim Holzhausen, betonte, dass man die gesamte Entwicklung des Mannes, um den es gehe, im Auge haben müsse, um so eine Entscheidung zu fällen. Mit 18 hatte der junge Mann einen vermeintlichen Nebenbuhler, den Schüler Yvan Schneider aus Rommelshausen, in einen Hinterhalt gelockt und erschlagen, gemeinsam mit Komplizen. Dafür verbüßte er eine zehnjährige Haftstraße, die im vergangenen Sommer abgegolten war. „Jeder Mensch hat danach das Recht, seine Freiheit wiederzuerlangen“, sagte Holzhausen. Dennoch sehe das Gesetz die Sicherungsverwahrung vor, wenn weitere schwere Straftaten von ihm zu erwarten seien.

 

Wachleute sprechen von einer „tickenden Zeitbombe“

Es hat eine Phase in der Haftzeit des 29-jährigen Deniz E. gegeben, die dazu führte, dass Justizmitarbeiter ihn als „tickende Zeitbombe“ beschrieben. Das kam auch in dem Verfahren zur Sprache. Er habe in der Haft randaliert, Drogen genommen, und sei unberechenbar gewesen. Zudem habe er durch sein „hochmanipulatives Verhalten“ einen Arzt dazu gebracht, ihm die vierfache Menge eines Medikamentes für ADHS-Patienten zu verschreiben, das bei ihm durch Nebenwirkungen und falsche Verabreichung nicht richtig wirkte und ihn unruhig werden ließ – das Gegenteil des gewünschten Erfolgs. Die schwierig Phase sei die gewesen, in der Deniz E. diese zu hohe Dosis einnahm. Zwar habe er auch zu anderen Zeiten Therapien abgelehnt oder abgebrochen. Aber er habe sich in der überwiegenden Zeit der Haft nicht so extrem verhalten. „Der Vollzugsverlauf war keine durchgängige Katastrophengeschichte“, sagte Holzhausen. Er sei sich sogar sicher, dass der Antrag auf nachträgliche Sicherungsverwahrung nicht gekommen wäre, wenn es jene „katastrophale Phase“ in den Jahren 2015 bis 2017 nicht gegeben hätte.

Impulsive Ausbrüche in der Haft

In der Beurteilung habe auch eine Rolle gespielt, was Deniz E. in der Haftzeit tat. Er sei unberechenbar und aggressiv gewesen, habe jedoch keine Personen angegriffen. Daher könne man aufgrund der Ereignisse keine Prognose stellen, dass er wieder zu schweren Gewalttaten neigen würde. Auch sei bei der Betrachtung der Tat zu erkennen, dass Deniz E. damals mit einer Clique zusammen handelte, es eine geplante Tat war. In der Haft habe er hingegen zu impulsiven Ausbrüchen geneigt, die mit dem Mord an Yvan nicht vergleichbar seien.

Noch ist der Haupttäter im Zementmord vorläufig in einer psychiatrischen Klinik untergebracht. Gegen diese hatte er sich im vergangenen Sommer juristisch gewehrt. Die Entscheidung darüber steht noch aus. Bis dahin bleibt er vorläufig untergebracht.