Wasni, das inklusive Textilmanufaktur in Esslingen und V-Industry, die Unternehmen eine Internet-Plattform zur gemeinsamen Maschinennutzung anbietet, haben die Jury bei einem bundesweiten Innovationswettbewerb überzeugt.

Esslingen/Ostfildern - Der Name ist Programm: Wasni. Das steht für: „wenn anders sein normal ist“. Und weil Wasni alles andere als normal ist, wurde die Textilmanufaktur mit dem ungewöhnlichen Namen jetzt von der Initiative „Deutschland – Land der Ideen“ zum „ausgezeichneten Ort 2018“ gekürt. Die gleiche Ehre ist dem Ostfilderner Start-up-Unternehmen V-Industry zuteil geworden. Dessen Idee, über eine Internet-Plattform die Maschinenparks von Unternehmen digital zu verknüpfen, um die Kapazitäten besser auszulasten, hat die unabhängige Jury der von der Bundesregierung und dem Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) gemeinsam ins Leben gerufenen Standortinitiative ebenfalls überzeugt.

 

Wasni fertigt in der Esslinger Küferstraße individuelle Pullover, Sweater und Kapuzenjacken. Der Stoff aus fair hergestellter Bio-Baumwolle wird eingekauft, den Rest – Entwurf, Zuschnitt, Nähen, Bedrucken und Verkauf – macht die Belegschaft selbst. Das ist normal. Anders ist, dass bei Wasni Menschen mit und ohne Behinderungen Hand in Hand arbeiten. „Die Idee kam mir, nachdem ich ein Jahr Bundesfreiwilligendienst in der Rohräcker-Schule für Behinderte gemacht hatte“, sagt der Wasni-Geschäftsführer Daniel Kowalewski. Dabei hat er festgestellt, dass den Rohräcker-Kindern nach der betreuten Schulzeit selten eine adäquate Beschäftigung geboten wird.

Männer stellen den Großteil der Kundschaft

Inzwischen fertigen die sechs Wasni-Beschäftigten rund 2500 maßgefertigte Kleidungsstücke pro Jahr – Tendenz steigend. Dabei haben die Kunden die Möglichkeit, über ein Baukastensystem ihren Pulli individuell zusammenzustellen. „Das ist bei Autos selbstverständlich, aber im Textilbereich neu“, sagt der Geschäftsführer. Mehr als die Hälfte seiner Abnehmer sind Männer. Auch da ist Wasni anders. „Wir haben die individuellen Schnitte in unserem CAD-System hinterlegt – das verkürzt die Suche und die Anprobe und kommt damit wohl den Männern besonders entgegen“, versucht sich Kowalewski in einer Erklärung. Zum Trost für die Damenwelt kündigt er an, in die neueste Kollektion ein kräftiges Pink aufnehmen zu wollen. Zum Herbst hin, wenn das Geschäft mit den Sweatern aus der Sommerflaute kommt, will er auch die Mannschaft aufstocken. Zehn Mitarbeiter sollen dann wieder Hand in Hand auf das Ziel hinarbeiten, die Produktion im kommenden Jahr auf 5000 Stücke zu verdoppeln.

Von solchen Zahlen träumt V-Industry-Gründer Thorsten Eller vorläufig noch. Das von ihm und seinen Mitstreitern Oliver Mauroner und Olaf Krause entwickelte Konzept, Industrieunternehmen eine Plattform zum Maschinen-Sharing zur Verfügung zu stellen, steckt noch in den Kinderschuhen. Nicht in einer Garage im Sillicon-Valley, sondern auf einem Dachboden in Ostfildern-Nellingen ist die Idee des Start-Ups gereift. Inzwischen hat V-Industry drei Pilotpartner gefunden, die sich auf das Wagnis einlassen. „Eigentlich ist die Idee maßgeschneidert für mittelständische Betriebe, die ihren Maschinenpark besser auslasten wollen oder wegen eines Auftrags nicht gleich in eine eigene Maschine investieren wollen“, sagt Eller. Nachfrageschwankungen und eine hohe Spezialisierung führten dazu, dass selbst im Schichtbetrieb häufig nicht mehr als 60 Prozent der Maschinen laufen würden. „Das ist nicht wirtschaftlich“, sagt Eller. Den Mut, die Zeit und die Offenheit, hier neue Weg zu gehen, haben in der jetzt angelaufen Probephase bisher nur drei größere Unternehmen bewiesen. „Die haben erkannt, dass sie mit uns jungen Wilden ins Gespräch kommen müssen“, sagt Eller.

Vom Erfolg der Idee überzeugt

Vom Erfolg seiner Idee ist der Ostfilderner überzeugt. „Das Konzept wird in den nächsten fünf Jahren auf jeden Fall umgesetzt. Ich hoffe nur, dass wir es dann sind, die das machen“, sagt er. Die Anstoßfinanzierung haben die jungen Wilden als Preisträger des Wettbewerbs „ShareBW“ bekommen. Um die Anschlussfinanzierung im sechsstelligen Bereich ringt das junge Unternehmen noch. „Wir sind offen für weitere Pilotpartner“, sagt Eller, der Wert darauf legt, dass eine kostenfreie Teilnahme an dem Pilotprojekt über das vom Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg ausgeschüttete Preisgeld gesichert ist.

„Deutschland – Land der Ideen“ ist eine gemeinsame Standortinitiative der Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft, vertreten durch den Bundesverband der Deutschen Industrie. Die Deutsche Bank ist seit 2006 Partner und Nationaler Förderer des Wettbewerbs „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“. Das Ziel ist es, Innovationen aus Deutschland im In- und Ausland sichtbar zu machen und die Leistungskraft und Zukunftsfähigkeit des Standorts zu stärken. Unter dem Jahresmotto „Welten verbinden – Zusammenhalt stärken. 100 Innovationen für Deutschland“ sind bei der Aktion 100 Projekte ausgezeichnet worden, darunter zwölf aus Baden-Württemberg.

Zwei Preisträger kommen aus Stuttgart

In der Region haben neben den Preisträgern aus dem Kreis Esslingen noch zwei Stuttgarter Projekte die Jury überzeugt. Das Hans Ruthenberg Institut der Universität Hohenheim hat eine Smartphone-App entwickelt, mit der Kleinbauern in Sambia in Echtzeit ihre Tätigkeiten aufzeichnen. Mithilfe von 60 Symbolen, wie für das Säen und Pflügen, aber auch für Essen und Nichtstun erfassen sie ihren Alltag, auch wenn sie nicht schreiben können. Auf der Datengrundlage können dann gezielt Entwicklungsprojekte ins Leben gerufen werden.

Die Evangelische Heimstiftung Stuttgart hat das Preisgericht mit einem digitalen Helfer für Demenzkranke überzeugt. Nicht nur über einen Notrufknopf kann eine passgenaue Notfallkette samt Ortung in Gange gesetzt werden, sondern beispielsweise auch dann, wenn Betroffene länger als üblich für einen Spaziergang brauchen.