Laut einer Umfrage hat die politische Elite in Baden-Württemberg ein positives Bild von den Wirtschaftsbossen im Land. Allerdings wünschen sie sich, dass sich Firmenchefs stärker in gesellschaftliche Debatten einbringen.

Stuttgart - Volkmar Denner, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH, genießt bei landespolitisch Verantwortlichen unter den in Baden-Württemberg tätigen Topmanagern die größte Wertschätzung. Das ist ein Ergebnis einer Umfrage von Copes (Center of political economy and society), einem in Berlin ansässigen Institut, das das Zusammenwirken zwischen Wirtschaft und Politik analysiert und der wachsenden Entfremdung der beiden Bereiche entgegenwirken will.

 

Umfragen sind dabei ein Erkenntnisinstrument. Derzeit läuft in den vier Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen eine Welle, bei der politische Entscheider ihre Bewertungen und Erwartungen an Topmanager ihres Landes kundtun sollen.

Die Ergebnisse für den Südwesten liegen vor und sprechen für ein hohes Maß an Vertrauen der politischen Elite in die ökonomischen Entscheidungsträger. So urteilen die Befragten zum Beispiel, dass 89 Prozent der Manager in Baden-Württemberg ihren Job sehr gut, gut oder mindestens eher gut machen; nur zehn Prozent der Befragten haben einen schlechten oder eher schlechten Eindruck von ihnen.

Daimler-Chef Dieter Zetschke am bekanntesten

Der bei den politischen Entscheidern bekannteste Wirtschaftskapitän ist der Daimler-Chef Dieter Zetsche; 93 Prozent der Befragten gaben an, ihn persönlich, über Dritte oder durch die Medien zu kennen. Genauso vielen Befragten sagt der Name Frank Mastiaux etwas – was man freilich erwarten darf, denn Mastiaux leitet den Energieversorger EnBW, an dem das Land als Hauptaktionär beteiligt ist.

Ähnliches gilt für Hans-Jörg Vetter, der die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) führt; auch an diesem Institut hält das Land einen großen Anteil. Ihn zu kennen gaben 85 Prozent der Befragten an.

Nicola Leibinger-Kammüller, die Vorzeigefrau des Maschinenbauers Trumpf in Ditzingen, Götz Werner, der Primus der DM-Drogerie Markt GmbH in Karlsruhe, und Matthias Müller, Vorstandschef bei Porsche in Zuffenhausen, folgen auf den nächsten Bekanntheitsplätzen. Erst auf Platz sieben mit einem Bekanntheitsgrad von 54 Prozent hat sich Bosch-Chef Volkmar Denner setzen können. Aber fast alle, die Denner kennen, haben zu Protokoll gegeben, er erfülle die Aufgaben in seinem Unternehmen im Großen und Ganzen gut oder gar sehr gut. Die Quote liegt bei 90 Prozent. Matthias Müller (Porsche) erreicht mit 84 Prozent den zweithöchsten Zuspruch, Götz Werner (dm) mit 80 Prozent Platz drei.

Volkmar Denner wirkt auf die politische Elite auch am überzeugendsten, wenn gefragt wird, ob ein Topmanager bei seinen unternehmerischen Tätigkeiten auch seiner gesellschaftlichen Verantwortung nachkommt. 82 Prozent der Befragten billigen ihm das zu, bei Götz Werner sind es 81 Prozent. Nicola Leibinger-Kammüller kommt hier auf die dritthöchste Position.

Bei Frank Mastiaux denken das 53 Prozent der Befragten, die angaben, ihn zu kenne; bei Stefan Wolf, dem Chef des Autozulieferer Elring-Klinger und Vorsitzenden des Arbeitgeberverbandes Südwestmetall, sind es 43 Prozent; bei Dieter Zetsche 42, bei Hans-Jörg Vetter 34 und bei Matthias Müller 33 Prozent.

Studie: einige Konzernchefs überraschend unbekannt

„Topmanager erfüllen ihre wirtschaftlichen Pflichtaufgaben in Baden-Württemberg offensichtlich mit Bravour; für ihre Rolle in der Gesellschaft wünscht sich die Politik aber Verbesserungen“, interpretiert Hans Ulrich Helzer, der Geschäftsführer von Copes, die Zahlen. „Wir sehen, dass die Politik dann ein positives Urteil über die Arbeit der Manager in Baden-Württemberg fällt, wenn sie sehr bekannt sind und ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen“, so Helzer weiter. „Die Bekanntheit von einigen Konzernchefs ist überraschend gering. Da gibt es vielleicht zu wenig Präsenz und Austausch.“

88 Prozent der Befragten billigen den Managern im Land eine starke oder sehr starke Standorttreue zu. Das Streitthema Bildungspolitik bildet sich auch in der Umfrage ab. Bei der Frage, wie konstruktiv die Wirtschaftsführer mit den schul- und hochschulpolitischen Vorhaben der Landesregierung umgehen, war die zustimmende Tendenz am geringsten. Immerhin aber auch noch 76 Prozent halten ihn für konstruktiv, 21 Prozent nicht.

Meinung der Wirtschaftbosse in Debatten erwünscht

Die Politelite wünscht sich eine deutlichere Positionierung der Manager bei Fragen der Wirtschafts- und Industriepolitik (62 Prozent), der Bildungs- und Forschungspolitik (62 Prozent) und der Zuwanderungspolitik (45 Prozent). „Die politischen Entscheider wünschen sich, dass sich die Wirtschaftsbosse im Land stärker in öffentliche Debatten einbringen“, so Helzer. „Zu gesellschaftlichen Fragen fehlt ihnen oft die Meinung der Topmanager.“

Der Fragebogen wurde gezielt an knapp 200 Landtagsabgeordnete, Regierungsmitglieder, Staatssekretäre, Ministerialdirektoren und Abteilungsleiter in den Landesministerien adressiert. Die Rücklaufquote betrug 22,2 Prozent, die meisten Absender waren Landtagsabgeordnete.