Ein Konzern hält bei dem Badausstatter die Mehrheit. Aber die Grohes lassen sich nicht unterkriegen. Das hat Vorstandschef Klapproth zu spüren bekommen.

Stuttgart - Thorsten Klapproth hat seinen Job als Vizepräsident des Landesverbandes der baden-württembergischen Industrie (LVI) abgegeben. Damit zieht der 57-jährige Topmanager die Konsequenzen aus seinem überraschenden Abgang als Vorstandschef des Badausstatters Hansgrohe in Schiltach im Sommer. Klapproths Stern ist innerhalb des zurückliegenden Jahres gesunken. Denn im Herbst 2017 galt er noch als möglicher neuer LVI-Präsident, als Nachfolger des verstorbenen Hans-Eberhard Koch. Damals kamen ihm aber die Pläne zur Fusion des LVI mit dem Landesverband der Arbeitgeber, die im Juni grundsätzlich beschlossen wurde, in die Quere. Gesteuert wird der Zusammenschluss von einem Verein mit Arbeitgeberchef Rainer Dulger an der Spitze.

 

Viel Lob beim Abgang für den bisherigen Chef

Hinter Klapproths Ausscheiden bei dem Brausen- und Armaturenhersteller zum 1. August stehen viele Fragezeichen. „Vier Jahre Hansgrohe sind genug“, soll er Kollegen gegenüber gesagt haben. Und: „Alles ist in Ordnung.“ Das wiederum galt der Wahl des Nachfolgers, Hans Jürgen Kalmbach, den Klapproth als seinen Favoriten bezeichnet haben soll. Offiziell hat das Unternehmen den Wechsel wie einen unspektakulären Vorgang vermeldet. „Jetzt ist die richtige Zeit“, ließ sich Aufsichtsratschef Klaus Jaenecke zitieren, „Verantwortung an eine neue Führungsgeneration zu übertragen, die auf der starken Basis aufbauen kann, welche über die letzten Jahre gelegt worden ist.“

Jaenecke lobt Klapproth ausführlich, verliert in der Mitteilung aber ebenso wie am Telefon kein Wort über die Gründe für den Wechsel. Klapproth hat bei Hansgrohe eine Wachstumsstrategie konzipiert und umgesetzt; Ergebnis: der Umsatz erreichte 2016 die Marke von einer Milliarde Euro. Auch seinen vorherigen Arbeitgeber, den Haushaltwarenhersteller WMF, hatte der gebürtige Niedersachse auf Wachstum getrimmt. Kurz nach Verlängerung seines Vertrags schied Klapproth 2013 überraschend aus, ausgestattet mit einer Abfindung von 2,6 Millionen Euro. Zuvor hatte er bei einem Gesellschafterwechsel durch den Verkauf von Anteilen 4,5 Millionen Euro verdient. „Der muss nicht mehr arbeiten“, heißt es jetzt in Industriekreisen.

Klaus Grohe hat den Verkauf für einen Fehler gehalten

Klapproth gilt als zielstrebiger und durchsetzungsstarker Manager, für den vor allem die betriebswirtschaftlichen Fakten zählen. Familienunternehmen ticken freilich häufig anders, und hier sehen Insider eine Erklärung für den plötzlichen Abgang des Diplom-Kaufmanns bei Hansgrohe – auch wenn die Schiltacher streng genommen kein Familienunternehmen mehr sind, weil der US-Konzern Masco, ein Hersteller von Produkten für Hausbau und –renovierungen, mit 68 Prozent die Mehrheit hält. Nur 32 Prozent liegen bei der Familie des 81-jährigen Klaus Grohe, Sohn von Firmengründer Hans Grohe. Die Kinder aus anderen Ehen des Gründers haben ihre Anteile verkauft und so den Amerikanern 2002 zur Mehrheit verholfen. Klaus Grohe hat das für einen Fehler gehalten, scheiterte aber mit dem Versuch eines Rückkaufs der Anteile ebenso wie mit dem Plan eines Börsengangs.

Seit 2016 ist die Familie nicht mehr im Vorstand vertreten, sondern stellt nur noch ein Mitglied des sechsköpfigen Aufsichtsrats. Das war zuletzt Klaus Grohes jüngster Sohn Pierre Nikolas. Kurz vor der Trennung von Klapproth, die im Juni bekannt gegeben wurde, übernahm der zehn Jahre ältere Bruder Richard das Mandat. Der Zusammenhang zwischen den beiden Vorgängen ist Gegenstand von Spekulationen. Immerhin war der 53-jährige Richard Grohe bis 2016 stellvertretender Vorstandschef. Auch Pierre Nikolas Grohe hat bei dem Badausstatter gearbeitet, schied aber 2012 aus und kümmert sich jetzt unter anderem um das französische Weingut der Familie im Languedoc. Zu sprechen ist das neue Aufsichtsratsmitglied für unsere Zeitung nicht. „Seitens Herrn Richard Grohe besteht kein Interviewbedarf“, lässt die Pressestelle ausrichten.

Der Vertrieb war im Vorstand gleich doppelt vertreten

Bekannt ist aber, dass es Spannungen im Verhältnis von Klapproth zur Familie Grohe gegeben hat. Der Rückzug der Familie aus dem Vorstand fiel in die Amtszeit von Klapproth. Solange die Grohes im Vorstand vertreten waren – zuletzt neben Richard noch dessen weiterer Bruder Philippe –, haben sie sich intensiv um Forschung und Entwicklung, die Marken Hansgrohe und Axor sowie die Produkte gekümmert. Klapproth hat die Entwicklung dem Produktionsressort zugeschlagen. Zum Vergleich: der Vertrieb war unter Klapproth im Vorstand zuletzt gleich doppelt vertreten.

Unter Masco und mit dem Vorstandsvorsitzenden Klapproth setzte Hansgrohe auf die so genannte prozessgesteuerte Organisation: die Steuerung des Betriebs über standardisierte und klar geregelte Abläufe, die von manchen Mitarbeitern als Bürokratie und Dominanz von Zahlen wahrgenommen wird. In der Pressemitteilung über Klapproths Abgang heißt es in diesem Zusammenhang über den scheidenden Chef: „Er steuerte erfolgreich den Übergang des Unternehmens zu einer prozessgesteuerten Organisation, welche den Mitgliedern der Gründerfamilie . . . erlaubte, sich aus der operativen Tätigkeit zurückzuziehen.“

Richard Grohes Rückkehr sehen Eingeweihte als Signal dafür, dass sich die Familie nicht an den Rand drängen lassen will.