Das Neckarsulmer Unternehmen Kaco New Energy sieht sich als Pionier in der Solarbranche. Nach schwierigen Jahren geht es wieder aufwärts.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Stuttgart - Was Ralf Hofmann sieht, wenn er aus seinem Büro schaut, findet er höchst ärgerlich. Der Blick des geschäftsführenden Mehrheitsgesellschafters von Kaco New Energy in Neckarsulm nämlich geht geradewegs hinüber zum Heilbronner Kohlekraftwerk der Energieversorgung Baden-Württemberg (EnBW). Redet er über fossile Brennstoffe oder die seiner Ansicht nach politisch verpatzte Energiewende der Bundesregierung, kommt er schnell ins Schimpfen. Hofmann vertritt anderes – und das mit missionarischem Eifer. Der 54jährige sieht sich als Pionier der Solarenergie.

 

Aufträge, so scheint es, hat Hofmann im Augenblick genug. Immerhin will er den Umsatz dieses Jahr von 200 Millionen Euro auf 250 Millionen Euro steigern – ein durchaus deutliches Wachstum für das Unternehmen mit seinen 600 Beschäftiggen, von denen 370 am Stammsitz in Neckarsulm tätig sind. In Europa allerdings sieht er kaum noch Wachstumschancen, wohl aber in den USA und in Asien. Und so denkt er auch eher daran, die Standorte in San Antonio und Seoul auszubauen, als noch große Erweiterungen in Neckarsulm vorzunehmen.

Um ein Land aber, das von vielen hoch gepriesen wird, macht der Selfmademann aus dem Unterland einen großen Bogen: um China. Dort drehe sich alles nur um das Thema „billig“, er aber wolle Qualität verkaufen. Dies kann man ihm durchaus abnehmen: Beim Rundgang durch das Werk hat man fast den Eindruck, es werde mehr getestet und geprüft als produziert – mal ganze Serien, mal Stichproben. Und auch die hohe Zahl der Handarbeitsplätze – Mitarbeiter können eben oft doch besser Leiterplatten oder Drähte montieren als Roboter – könnte ein Hinweis auf die erstrebte Qualität sein.

Wechselrichter für ein stabiles Netz

Was manche Chinesen dagegen anböten, sei bisher nicht immer von ausreichender Qualität gewesen, teilweise hätten auch einzelne Komponenten nachgekauft werden müssen. Dass seine eigenen Wechselrichter zuverlässig arbeiten ist für ihn auch deswegen wichtig, weil er nur so seinem Ziel näher kommt, der Solarenergie einen größeren Anteil am weltweiten Energiemarkt zu erkämpfen – Wechselrichter nämlich sorgen dafür, dass das Netz auch bei unterschiedlichen Belastungen stabil bleibt. Und vorzuweisen hat er noch einen ganz speziellen Wechselrichter mit dem Namen Ultraverter, von dem er sagt, „das gibt es nur bei Kaco New Energie“. Mit diesem Gerät brauche man nicht für jedes Land eine eigene Zulassung.

Nicht nur seine Wechselrichter helfen nach Hofmanns Meinung das Stromnetz zu stabilisieren – auch die stärkere Verbreitung alternativer Energien hat seiner Meinung nach dazu beigetragen. Hinweise etwa auf mögliche Versorgungsprobleme im Winter weist er barsch zurück: „Das Netz ist in den letzten sechs Jahren stabiler geworden“, so sein Urteil, das allerdings nicht jeder unterschreibt. Auch Schwierigkeiten mit dem Speichern etwa von Sonnen- oder Windstrom sieht er anders als so mancher Energieexperte nicht als bedrohlich an. Nachts etwa, wenn keine Sonne scheine, würden auch nur 15 Prozent des Stromes verbraucht, der am Tag Haushalte heizen oder Maschinen antreiben soll: „Das Speicherproblem ist gelöst“. Auch hier sieht er sich als Pionier: In Weinsberg hat Hoffmann ein Pilotprojekt mit Solarstrom für zehn Reihenhäuser ins Leben gerufen. Als Speicher dient dabei eine Lithium-Ionen-Batterie mit einer Kapazität von 150 Kilowattstunden – so viel, wie 30 000 Handy-Akkus speichern können.

Von Heilbronn nach Neckarsulm

Mit seinen Solaraktivitäten schreibt Hofmann „inzwischen auch wieder schwarze Zahlen“. Nicht alle vorangegangenen Jahre waren gut, 2010 war bereits ein Umsatz von knapp 500 Millionen Euro erzielt worden, beschäftigt wurden zu den besten Zeiten mehr als 800 Mitarbeiter. Wieder 500 Millionen Euro umzusetzen – das hat er sich als Ziel bis 2020 gesetzt. Fragt man Hofmann nach den schwierigen Jahren, hat er ein einfache Antwort parat: „Wir sind wie die Katze, wir haben sieben Leben.“ Stellen wurden gestrichen, die Kosten durchleuchtet, der Vertrieb in den USA und in Asien ausgebaut.

Dass sich der Unternehmer nicht so leicht unterkriegen lässt, das hat er auch schon vor fast zwei Jahrzehnten bewiesen: 1999 nämlich erwarb er zusammen mit anderen Beschäftigten im Rahmen eines Management Buy-Out die Kaco Elektrotechnik GmbH, deren Existenz gefährdet war. Für seinen Weg in die Selbstständigkeit hat Hofmann eine eher einfache Erklärung. Anders als andere Jungunternehmer spricht er nicht groß vom Reiz, sein eigener Herr zu sein, nicht vom Ärger, als Angestellter eines Konzerns dauernd auf Unterschriften warten zu müssen, bevor etwas in Angriff genommen werden kann. „Ich wollte nicht weg aus Heilbronn“, sagt er. Und ähnlich wie einst der SPD Generalsekretär Franz Müntefering meinte, „ich kann nur kurze Sätze“ so sagt heute Hofmann: „Ich konnte nur Wechselrichter.“ Vor gut zehn Jahren ist er mit seinem Unternehmen dann doch weggezogen aus Heilbronn – in ein Industriegebiet von Neckarsulm, hart an der Markungsgrenze.