Der Werkzeughersteller aus Oberkochen investiert in Indien und China. Dort entstehen Fabriken für Tablettiermaschinen. Die Kunden vor Ort produzieren für internationale Pharmariesen.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Oberkochen - Der Werkzeug- und Maschinenbauer LMT-Group schafft vor allem im Ausland neue Stellen. Damit reagiert das Unternehmen aus Oberkochen im Ostalbkreis auf die dort steigende Nachfrage: „LMT wächst eindeutig im Ausland“, sagt der Vorsitzende der Geschäftsführung, Michael Heinrich, im Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung. Ausgebaut werden deshalb die Werke in China und in Indien.

 

Im chinesischen Nanjing ist der Umzug auf ein größeres Grundstück geplant, auf dem eine neue Fabrik hochgezogen werden soll. „Das Werk dort stößt an seien Kapazitätsgrenzen“, berichtet Heinrich. Rund 80 Mitarbeiter stellen in Nanjing Maschinen für die Produktion von Tabletten her, 160 sind im Vertrieb und im Werkzeugmanagement in zwei VW-Werken tätig. Im indischen Pune sollen vom kommenden Jahr an, ebenfalls in einer neuen Produktionsstätte, 70 Mitarbeiter Werkzeuge für den asiatischen Markt herstellen.

Dass die Tablettiermaschinen für Indien bis jetzt in China gebaut werden, hat historische Gründe: Bis 2009 gehörte LMT zur Leitz-Gruppe aus Oberkochen. Wegen einer Erbauseinandersetzung wurde diese aufgespalten, LMT erhielt unter anderem die Tablettiermaschinenfabrik in Nanjing.

Gerade auf die Versorgung des indischen Marktes mit Tablettiermaschinen indes setzt Heinrich große Hoffnungen: „Indien ist die Apotheke der Welt“, sagt der Geschäftsführer. „Was für China die Autoindustrie ist, ist für Indien die Pharmaindustrie“, meint er. Geliefert werden die Maschinen vor allem an kleinere Unternehmen, Lohnfertiger für die großen Pharmakonzerne.

Künftig wollen die Oberkochener ihre Auslandsaktivitäten durch eigene Vertriebsgesellschaften ausbauen und sich von Handelsvertretern trennen. In Indien wurde dieser Schritt bereits vollzogen, in Brasilien steht er bevor. „Wichtiger als die reine Vermittlung eines Geschäfts ist inzwischen die dauerhafte Beziehung zu den Kunden“, meint der Vorsitzende der Geschäftsführung – auch wegen der wachsenden Erklärungsbedürftigkeit der Produkte.

Dass Heinrich viel über das Ausland spricht, hat seinen Grund: Etwas mehr als zwei Drittel des Umsatzes werden dort erwirtschaftet, bei Tablettiermaschinen sogar 90 Prozent. Im kommenden Jahr will das Unternehmen seinen Umsatz weiter steigern : „Wir streben ein Plus um fünf bis zehn Prozent an“, sagt der LMT-Chef. Damit peilt der Maschinenbauer ein ähnliches Wachstum wie in diesem Jahr an. 2012 soll der Umsatz von 290 Millionen Euro auf 310 Millionen Euro ausgeweitet werden. Besonders gut haben sich nach den Angaben von Heinrich in diesem Jahr die Geschäfte in Osteuropa, Indien und den USA entwickelt, schwächer als diese Regionen schnitten Deutschland und Südeuropa ab. Einen regelrechter Abschwung indes befürchtet Heinrich zwar nicht, „aber wir stellen uns auf alles ein“, sagt der Unternehmenslenker. „Seit der letzten Krise sind wir viel flexibler geworden.“

Die Tablettiermaschinen holen in ihrer Bedeutung gegenüber den Präzisionswerkzeugen für Maschinen auf: „Der Tablettiermaschinenbereich wächst schneller,“ erklärt Heinrich. Zum Umsatz im zu Ende gehenden Jahr dürften die Maschinen zum Pressen von Tabletten zwischen 140 und 150 Millionen Euro beisteuern, die Werkzeugherstellung zwischen 160 Millionen Euro und 170 Millionen Euro. Dass die Werkzeugproduktion weniger rasch wächst, hängt auch mit einer Bereinigung des Sortiments zusammen: „Wir machen lieber mit weniger Produkten mehr Gewinn als umgekehrt“, meint der Unternehmenschef. Dies bedeutet aber nicht, dass das Geschäft mit Werkzeugen schrumpft. Auch dieser Bereich, in dessen Modernisierung seit der Trennung von der Leitz-Gruppe kräftig investiert wurde, trägt zum Wachstum bei. Große Chancen sieht Heinrich etwa bei Werkzeugen zur Bearbeitung von Verbundwerkstoffen. Diese tragen im Augenblick etwa 15 Millionen zum Gesamtumsatz bei.

Größter Produktionsstandort des Unternehmens von der Ostalb ist Schwarzenbek bei Hamburg. Insgesamt beschäftigt die Gruppe 1850 Mitarbeiter, davon arbeiten etwas mehr als 1220 Deutschland – allein in Schwarzenbek sind bei der Tochtergesellschaft Fette knapp 900 Beschäftigte tätig. Am Stammsitz Oberkochen dagegen wird nichts produziert. Die 120 Mitarbeiter sind für die Verwaltung und den Vertrieb zuständig.

Auch dies ist eine Folge der Aufteilung der ehemaligen Leitz-Gruppe auf die Familien Brucklacher (Leitz) und Bengel (LMT). Früher nämlich war Oberkochen kein reiner Verwaltungssitz, Leitz produziert dort auch heute noch in großem Umfang. „Wo die Verwaltung sitzt, ist für unsere Organisation nicht so entscheidend“, urteilt Heinrich. Da die Familie Bengel aus Oberkochen stammt,dürfte sie auch ein Interesse an dem Standort für die Zentrale haben. Und mehr als 40 Prozent der Beschäftigten arbeiten ohnehin im Ausland, Tendenz steigend.