Auch in den nächsten zwei Jahren wird sich bei der Unterrichtsversorgung nicht viel verbessern, sagen die Elternbeiräte im Regierungsbezirk Stuttgart. Eine Klage verbessere auch nichts, kontert die Kultusministerin.

Stuttgart - Voraussichtlich Anfang des kommenden Jahres will die Arbeitsgemeinschaft der Gesamtelternbeiräte (Arge) im Regierungsbezirk Stuttgart das Land wegen der Unterrichtsausfälle verklagen. Die Klage sei ein Präzedenzfall, erklärte Michael Mattig-Gerlach, der Vorsitzende der Arge, am Montag. Er rechnet mit einem vierjährigen Gang durch die Instanzen. Wer klagt, blieb am Montag unklar. Die Arge selbst könne nicht vor Gericht ziehen, es müsse ein betroffener Schüler beziehungsweise dessen Eltern sein. Die Freiburger Familie, die die Arge im Frühjahr als potenziellen Kläger präsentierte, wird es nach Darstellung Mattig-Gerlachs nicht sein. In der Klasse dieses Schülers habe sich die Unterrichtssituation entscheidend verbessert.

 

Sorge um Chancengleichheit der Schüler

Ziel der Klage ist es, dass in der gymnasialen Oberstufe in den Kernfächern nicht mehr als acht Prozent des Unterrichts ausfällen beziehungsweise nicht von qualifizierten Lehrern gehalten werden. Nur so sei ein gleicher Zugang zu Bildung möglich, weil Unterrichtsausfall potenziell die Abinote verschlechtert – was sich auf die Chancen bei der Studienplatzvergabe auswirkt, heißt es in dem Rechtsgutachten, auf das die Arge die mögliche Klage stützt.

Mattig-Gerlach sprach von „einem offensichtlichen Verstoß gegen die Chancengleichheit“. Auch im Entwurf des aktuellen Doppelhaushalts kann er „keine Fortschritte erkennen“. Das Geld für die Bildungspolitik sei „seit Jahren nicht ausreichend“. Er lässt auch nicht gelten, dass Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) in Aussicht stellt, dass die Pensionierungswelle in absehbarer Zeit abflauen werde. „Dann folgt die Schwangerschaftswelle und die Elternzeit“, wendet er ein. Nach seiner Darstellung unterstützen die Elternvertreter in den Regierungsbezirken Karlsruhe und Tübingen die Klage. Freiburg und den Landeselternbeirat bezeichnete er als indifferent.

„Armutszeugnis“ und „Bankrotterklärung“

„Es ist eine Bankrotterklärung der Politik, wenn die Gerichte vorschreiben müssen, wie viel Geld für die Bildung ausgegeben werden muss“, findet der Arge-Sprecher – und die Landtagsopposition stimmt ein. Die SPD spricht von einem Armutszeugnis und davon, dass die Kultusministerin zu wenig gegen den Unterrichtsausfall getan habe. Die FDP sieht die grün-schwarze Koalition „unfähig zu bildungspolitischem Handeln“. Die Grünen seien ideologisch festgefahren, die CDU durchsetzungsschwach.

Eisenmann erklärt indes erneut, anders als es die Arge darstelle, „hat das Land ein Fachkräfteproblem und kein Problem mangelnder Finanzmittel“. Es seien bereits mehr Studienplätze für das Lehramt geschaffen worden, die Krankheitsreserve werde in den kommenden zwei Jahren von 1666 auf knapp 1900 Stellen aufgestockt, 2022 sollen es 2000 Stellen werden, das hatte auch die Opposition verlangt. Doch kommen im Jahr 2020 an den Gymnasien im Land nur 23 Stellen mehr an, klagen die Arge und der Philologenverband (PhV), der die Klage unterstützt. Die Ministerin merkt an: „Dass die Klage die Situation an den Schulen verbessern wird, wage ich zu bezweifeln.“