Ethikunterricht für deutlich mehr Schüler, bessere Demokratiebildung und ein starker Fokus auf der Rechtschreibung: Das sind nur einige der Dinge, die sich im neuen Schuljahr ändern. Wir erklären die acht wichtigsten Neuerungen.

Stuttgart - Digitalisierung, Demokratiebildung oder Ethik – die Schulen stellen sich auf gesellschaftliche Veränderungen ein. Wir haben acht Neuerungen zusammengestellt, die vom neuen Schuljahr an gelten.

 

1. Mehr Wahlmöglichkeiten in der Oberstufe

Wer jetzt in die Kursstufe des Gymnasiums eintritt, hat drei Leistungsfächer, die fünf Stunden pro Woche unterrichtet werden. Dazu kommen die dreistündigen Basisfächer Deutsch, Mathematik, Fremdsprachen und Naturwissenschaften. Die übrigen Fächer werden zweistündig unterrichtet. Mit der neuen Kursstufe sollen besonders die Naturwissenschaften gestärkt werden. Gleichzeitig können die Gymnasiasten mehr individuelle Schwerpunkte setzen.

Die zusätzliche Wochenstunde in den Leistungsfächern (bisher vierstündig) diene der Vertiefung und der Übung, betont Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). In der Abschlussprüfung müssen die Abiturienten ab 2021 drei schriftliche und zwei mündliche Prüfungen ablegen.

2. Ethikunterricht für mehr Schüler

Immer mehr Schüler gehören keiner Religionsgemeinschaft an. Die Landesregierung weitet für sie den Ethikunterricht schrittweise aus. Im Schuljahr 2019/20 sind die siebten Klassen an den Haupt- Werkreal-, Real- und Gemeinschaftsschulen an der Reihe. In der Klassenstufe 7 der Gymnasien gibt es ihn bereits. Das zweistündige Fach sei „für die Werteerziehung in den Schulen zentral“, sagt Ministerin Eisenmann. In den Jahren 2020 und 2021 sollen die Klassenstufen 6 und 5 folgen. Der Ethikunterricht an Grundschulen ist in der Konzeption.

3. Rechtschreibung wird großgeschrieben

Der Rechtschreibunterricht steht weiter im Fokus der Kultusministerin. Ab jetzt werden die Rechtschreibleistungen bei schriftlichen Aufgaben in die Benotung einfließen. Die Notengebungsverordnung ist geändert. „Rechtschreibung gehört wie Lesen und Rechnen zu den Schlüsselqualifikationen“, betont Eisenmann. Deshalb bekomme die Orthografie in den Schulen einen besonderen Stellenwert. Durch die Benotung würden die Lehrer „noch mehr Verbindlichkeit und Orientierung für ihr pädagogisches Handeln erhalten“.

4. Hauptschulabschluss an der Realschule

Zum ersten Mal können am Ende des Schuljahrs 2019/20 Schüler an Realschulen den Hauptschulabschluss ablegen. Nach langen politischen Auseinandersetzungen bekommen die Realschulen schrittweise so viele Stunden zur individuellen Förderung wie die Gemeinschaftsschulen. Noch ist die Endstufe von 20 sogenannten Poolstunden nicht erreicht. Aber in diesem Schuljahr wird es für jeden Zug 18 statt bisher 16 Poolstunden geben. Diese Stunden sind zur Leistungsdifferenzierung vorgesehen. „Mit den zusätzlichen Stunden können sowohl leistungsschwächere als auch leistungsstärkere Schülerinnen und Schüler noch besser gefördert werden“, sagt Kultusministerin Eisenmann. An Realschulen wird in der Orientierungsstufe, den Klassen fünf und sechs, auf mittlerem Niveau, dem Realschulniveau, unterrichtet. Von Klasse sieben bis neun sollen die Schulen das Haupt- und das Realschulniveau anbieten. Sie können dabei entscheiden, ob sie gesonderte Züge oder Klassen anbieten.

5. Demokratiebildung wird zentrale Aufgabe

Demokratiebildung bekommt einen neuen Stellenwert. Ein „Leitfaden Demokratiebildung“ soll nun verbindlich an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen umgesetzt werden. „Wir müssen einfachen Parolen differenzierte Antworten entgegensetzen“, beschreibt die Kultusministerin das Ziel. Dazu soll auch das Projekt #RespektBW des Landesmedienzentrums beitragen, das ein Zeichen gegen Hass, Hetze und Fake-News im Internet setze. Für geflüchtete Kinder und Jugendliche gibt es in den Vorbereitungsklassen neben der Sprachförderung auch das Fach Demokratiebildung. Der Lehrplan in Deutsch wurde dem Ministerium zufolge entsprechend überarbeitet.

6. Impulse für Digitalisierung und Informatik

Langsam konkretisiert sich der lange erwartete Digitalpakt des Bundes. Von den fünf Milliarden Bundesmitteln erwartet Baden-Württemberg 650 Millionen Euro. Vom 1. Oktober an können die Kommunen als Schulträger ihre Anträge auf Förderung bei der landeseigenen L-Bank stellen. Die Schulen erhalten Budgets auf der Basis ihrer Schülerzahlen. Diese sind bis 30. April 2022 reserviert. „Die Schulen sollen Planungssicherheit haben und Zeit bekommen, ihren Weg in die digitale Zukunft gründlich auszugestalten“, sagt die Kultusministerin. Das Geld ist für die Verbesserung der digitalen Infrastruktur der Schulen vorgesehen. Auch der Informatikunterricht wird ausgeweitet. An Haupt-, Werkreal- und Realschulen gibt es nun das Wahlfach Informatik, das Schüler in den Klassen 8 bis 10 belegen können. An Gemeinschaftsschulen beginnt das neue Profilfach Informatik, Mathematik, Physik (IMP) für die Klassen 8 bis 11.

7. Abschlussprüfungen werden vergleichbarer

Für die Hauptschulabschlussprüfung gibt es eine neue Prüfungsordnung. Der Bildungsplan sieht vor, dass an den verschiedenen Schularten vergleichbare Inhalte angeboten werden, das müsse sich in den Abschlussprüfungen niederschlagen, heißt es aus dem Kultusministerium. Im Schuljahr 2020/21 sollen die Werkrealschulprüfungen und die Realschulabschlussprüfung ebenfalls nach den neuen Standards abgelegt werden. Schulartübergreifend geht es etwa in der Deutschklausur um Aufgaben zu Textverständnis, Grammatik und Orthografie.

8. Neue Institute gehen in ihr erstes Schuljahr

Die beiden vom Kultusministerium neu gegründeten Einrichtungen, das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) sowie das Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW), gehen in ihr erstes Schuljahr. Sie sollen den Schulen des Landes wieder zu alter Leistungsstärke verhelfen und neue Impulse für die Qualitätsentwicklung im Fachunterricht und etwa bei der Führungskräftequalifizierung liefern. Das IBBW soll ein Gesamtkonzept für die zentralen Lernstandserhebungen erstellen. Es ist vorgesehen, zusätzlich zu den Erhebungen Vera 3 und Vera 8 sowie der Lernstandserhebung in Klasse 5 weitere zentrale Tests zu machen. Darauf soll ein durchgängiges Fördersystem für die Schüler aufgebaut werden.