Heimische Fledermausarten sind bedroht. Im Herbst suchen die Säugetiere nach Winterquartieren, in denen man sie nicht stören sollte. Klappt das auch in Tunneln der Hesse-Bahn?

Auch wenn die Nächte wieder deutlich länger werden, sind die nachtaktiven Fledermäuse nicht mehr zu sehen. Zuvor haben die flatterhaften Tiere bis zu 30 Prozent an Gewicht zugelegt und auch noch „Hochzeit gefeiert“. Allerdings werden die Weibchen erst im Sommerquartier trächtig – in Abwesenheit der männlichen Tiere. Denn nach der Paarung im September und Oktober werden die Eizellen nicht sofort befruchtet, sondern die Spermien im Geschlechtstrakt eingelagert. Erst nach dem Erwachen aus dem Winterschlaf kommt es dann zum Eisprung und zur Befruchtung – passend zur Rückkehr der Insekten, die die Nahrungsgrundlage der Fledermäuse sind.

 

Zwergfledermäuse leben in unmittelbarer Nähe zum Menschen

Wie das so läuft bei den Fledermäusen, das weiß auch Oliver Maier, Erster Vorsitzender der Vogel- und Naturfreunde Merklingen. Dem Experten aus dem Weil der Städter Teilort ist auch klar: Neben Arten, die im Wald zu finden sind und auch dort ihre Winterquartiere suchen, leben die Zwergfledermäuse in unmittelbarer Nähe zum Menschen. Als Kulturfolger sind sie in Städten heimisch und suchen sich kleine Spalten an Gebäuden wie Rollladenkästen, Mauervorsprüngen, Schornsteinen und Dachstühlen. Sie spielen eine wichtige Rolle im Ökosystem, indem sie große Mengen an Insekten fressen.

„Da durch die moderne Bauweise sowie Sanierungen, vor allem an Dachstühlen, immer mehr passende Quartiere verschwinden, helfen Fledermaushöhlen bei der Überwinterung“, sagt Maier, der zudem in mehreren Arbeitsgemeinschaften zum Schutz heimischer Tierarten mit dabei ist. Auch an dichten Hauswänden könne man den Tieren Unterschlupfmöglichkeiten schaffen. „Wichtig ist, dass die Fledermaushöhlen an unterschiedlichen Seiten der Gebäude angebracht werden, da die Tiere je nach Jahreszeit und Wetterlage ihre Quartiere verlassen, um passende Bedingungen zu finden.“

Bauanleitungen für Fledermaushöhlen gibt es beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu) im Internet. Die Quartiere sollten aus naturnahem Material sein und die Wahl des Anbringungsortes muss gut gewählt werden. Wenn die Quartiere zu tief hängen, fangen Katzen und Marder die Tiere, wenn sie sich im Frühjahr aus den Unterschlupfen herausfallen lassen, bevor sie nach ein bis zwei Metern in den Gleitflug kommen. Übrigens: Die Holzwerkstatt der Justizvollzugsanstalt (JVA) Heimsheim fertigt ebenfalls Fledermaushöhlen für Projekte des Nabu.

Geeignete Unterkünfte für Fledermäuse an einer Hauswand. Foto: Oliver Maier

Im Vergleich zu der nur etwa daumengroßen Zwergfledermaus, braucht das Große Mausohr etwas mehr Platz. Diese Fledermausart lebt daher gerne in Kirchen, wo im Sommer genug Platz für die Aufzucht der Jungen ist. Dazu schließen sich die Fledermausweibchen zu Wochenstubengesellschaften zusammen, meist bestehend aus etwa zehn bis 20 Tieren. Die Jungen werden nach etwa 50 Tragen geboren und wiegen bei kleinen Arten nur etwa zwei Gramm. Die ersten Wochen werden sie gesäugt, bevor sie bereits mit vier bis fünf Wochen eigenständig Insekten jagen können.

Störungen im Winterschlaf können für Fledermäuse tödlich enden

Störungen wecken die Fledermäuse aus dem Winterschlaf, die bis zu 60 Minuten und ausreichend Kalorien brauchen, um ihren Körper auf Betriebstemperatur zu bringen. Wachen die Flugkünstler zu häufig aus dem Winterschlaf auf, kann es passieren, dass ihre Reserven nicht mehr bis zum Frühjahr ausreichen und sie sterben.

Da in den Tunneln der bis zum nächsten Jahr fertiggestellten Herman-Hesse-Bahn zwischen Calw und Weil der Stadt zahlreiche Fledermausarten leben, wurden zu ihrem Schutz Tunnel in die bestehenden Tunnelröhren eingezogen. „Es bleibt abzuwarten, ob die Fledermäuse diese Quartiere annehmen“, sagt Oliver Maier, denn die Tiere sind sehr standorttreu. Wie Nistkästen für Vögel sollten auch Fledermaushöhlen gereinigt werden, um für intakte und hygienische Behausungen zu sorgen. Dies sollte man außerhalb der Jungenaufzucht (Mai bis Juli) und des Winterschlafs (November bis April) tun.

Infos

Online
Informationen über FLedermäuse und deren Schutz gibt es zum Beispiel auf www.nabu.de.