Das „Turboabi“ G8 sei nicht pädagogisch motiviert, sagen Verfechter von G9 und schließen sich einer landesweiten Aktion an.

Viele Eltern in Baden-Württemberg wünschen sich, dass ihre Kinder das Abitur wieder nach neun statt nur acht Jahren am Gymnasium ablegen können – und das nicht nur an den 44 Modellschulen von mehr als 300 Gymnasien im Land Baden-Württemberg – wie beispielsweise in Rutesheim. Bereits Ende des vergangenen Jahres startete die landesweite Elterninitiative „G 9 jetzt“ eine Unterschriften-Sammlung für einen Volksantrag und will damit Druck auf die Landespolitik ausüben. Benötigt werden insgesamt 39 000 Unterschriften.

 

G8 ist nicht pädagogisch motiviert“

Die Koordination der Bürgerinitiative in Leonberg, der sich mittlerweile 25 Eltern angeschlossen haben, hat Marita Raschke übernommen. Die promovierte Entwicklungsingenieurin hat eine Tochter in der Grundschule und einen Sohn im Kindergartenalter. „Für mich ist G 8 nicht pädagogisch motiviert, der Lerninhalt von einst neun Jahren wurde einfach in acht Jahre gesteckt, viel Zeit neben der Schule bleibt den Kindern nicht mehr.“

Raschke sagt, mit mindestens 36 Schulwochenstunden sowie anschließendem Erledigen der Hausaufgaben und Lernen auf Klausuren sehe der Alltag für die G 8-Schüler enorm stressig aus. „Die Kinder haben einen vollgepackten Stundenplan und werden oft auch noch in den späten Nachmittagsstunden in Physik oder Chemie unterrichtet. Dass bei so einem Lehrplan nur noch bulimisches Lernen möglich ist, also das trichterartige Aneignen von Lernstoff, um diesen in der nächsten Klausur wieder auszuspucken, kann niemanden verwundern“, sagt Marita Raschke. Sie und ihre Mitstreiter zeigen sich entschlossen, die Chance des Volksantrags zu nutzen.

Nur Baden-Württemberg und die Stadtstaaten halten an G9 fest

Dass weniger nicht einfach mehr sei, das hätten sämtliche alten Bundesländer, mit Ausnahme der Stadtstaaten, mittlerweile erkannt und seien von der Idee, die gymnasiale Zeit einfach um ein Jahr zu kürzen, abgekommen. Zuletzt auch Bayern und das Saarland. Einzig Baden-Württemberg möchte am Gymnasium in acht Jahren festhalten und biete an einigen Modellschulen das an, was früher der Normalfall gewesen sei.

„Warum nicht einfach den Spieß umdrehen?“, fragt sich Jürgen Pfadt, ein Vater aus Leonberg, der sich ebenfalls für G 9 einsetzt. „Warum nicht für die Mehrheit wieder mehr Zeit am Gymnasium ermöglichen und für die wenigen, die das ‚Turboabitur’ gut finden, einen Zug im Schnelldurchlauf ermöglichen – denn die Inhalte sind nach dem Lehrplan in Baden-Württemberg für beide Züge identisch“.

Der Sammelzeitraum für die Unterschriften beträgt ein Jahr und läuft noch bis zum 11. November. Jeder ab 16 Jahren, der berechtigt ist, den Landtag in Baden-Württemberg zu wählen, kann unterschreiben – auf einem Formblatt nur in Papierform, das im Internet unter www.g9-jetzt-bw.de zu erhalten ist. Eine Online-Teilnahme am Volksantrag ist vom Gesetz nicht vorgesehen und auch nicht möglich.

Initiative sammelt Unterschriften

„Nachdem wir bereits um den Jahreswechsel herum und Anfang des neuen Jahres bei verschiedenen Veranstaltungen von Vereinen und dem Wochenmarkt in Präsenz gesammelt haben, ist es uns enorm wichtig, dass wir noch mehr Leute erreichen“, sagt Raschke. Deshalb wolle die Initiative mit einer E-Mail die Mitglieder des Gesamtelternbeirats aller Leonberger Schulen und Kindergärten kontaktieren und über den Volksantrag G 9 informieren, um so möglichst viele Eltern zu erreichen.

Für den leichteren Rücklauf der Formblätter hat die Initiative an verschiedenen Stellen in der Stadt Sammelboxen aufgestellt.

Kontakt Leonberg1VolksantragG9@gmx.de. Alle Informationen zum Volksantrag finden sich auf der Homepage unter: www.g9-jetzt-bw.de.