Hier könnte die Geschichte zu Ende sein. Mubarak Shah Qasim könnte ein neues Leben beginnen, arbeiten und Steuern zahlen, eine Ausbildung als Vermessungstechniker beginnen, eine Familie gründen. Und in einigen Jahren mit Lizzy Jöckel auf die verrückte Zeit anstoßen, die sie miteinander erlebt haben.

 

Doch die Realität ist eine andere. Denn sein Asylantrag wurde im März abgelehnt. Die Anhörung läuft schlecht, die Dolmetscherin gibt vieles nicht richtig wieder, der zuerst eingeschaltete Anwalt ist überfordert. Die Kopie des Ersatzausweises liegt im Bundesamt für Migration, irgendwo. Qasim müsste eine Deutschprüfung der Kategorie B2 absolvieren, um seine Ausbildung beginnen zu können, was ohne Integrationskurs schwierig und teuer ist.

Ein ganzer Ort kämpft für Qasim

Lizzy Jöckel und ihre Mitstreiter sammeln 700 Unterschriften. Die Tammer CDU-Chefin und der Bietigheimer Stadtrat Axel Westram setzen sich für Qasim ein – mitten im Bundestagswahlkampf übergeben Jöckel und Qasim die Unterschriften an Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Nach einigen Wochen kommt ein Brief. „Der Minister hat Ihre Ausführungen zur Kenntnis genommen“, heißt es darin, „aber Rückführungsmaßnahmen sind richtig und notwendig“. Es geht um Politik, um Wahlkampf, die AfD, um Abschreckung, Abschiebungen und die Ängste der „besorgten Bürger“, um Grundsätzliches. Doch Lizzy Jöckel und ihren Mitstreitern geht es um ihren Freund Mubarak.

Sie wollen kämpfen. Die Öffentlichkeit mobilisieren. „Straftäter können nicht abgeschoben werden, aber Menschen wie Qasim – das stimmt einfach nicht“, sagt sie. Sie wendet mit Hilfe seiner neuen Anwältin ab, dass er eine Duldung bekommt, denn dann dürfte er nicht arbeiten. Eine Klage vor dem Verwaltungsgericht läuft und liegt auf Halde, wie Zehntausende.

Der junge Mann verliert nie seine Lebensfreude

Bis die Klage entschieden ist, hofft und wartet Mubarak Shah Qasim. Notfalls bleibt noch die Härtefallkommission des Innenministeriums. Manchmal hilft es, wenn sich ein ganzer Ort für einen integrierten Flüchtling einsetzt. Wie in Tamm.

Auf dem Mittelmeer hatte er Todesangst

Die Familie beschließt: in Kundus ist es nicht mehr sicher. Getrennt verlassen sie die geliebte Heimat, der Bruder, der Vater und Mubarak Shah Qasim. Der 30-Jährige macht sich mit seinem Pass auf den Weg. Er läuft und läuft und läuft. Durch Pakistan, den Iran. Bezahlt viel Geld, um über die Grenze zu kommen. Er läuft durch die Türkei, durch Griechenland. Lizzy Jöckel schüttelt den Kopf, wenn er davon erzählt: „Und wir nehmen Dich jetzt zu Wanderungen auf die Schwäbische Alb mit. Verrückt.“

An der Grenze zur Türkei nehmen ihm Schleuser den Rucksack und den Ausweis ab. Mit einem acht Meter langen Boot, auf dem 66 Menschen sitzen, geht es übers Mittelmehr. „Ich dachte, ich bin tot“, sagt Qasim, und man meint, die Tiefe des Meeres und den Abgrund an Todesangst in seinen dunklen Augen zu sehen. Und doch ist im nächsten Moment keine Spur mehr davon zu sehen, wenn er lächelt.

Die Odyssee geht weiter. In Mazedonien läuft er die Gleise entlang. Zehn, elf Stunden am Tag, besteigt einen Bus nach Serbien, strandet an der ungarischen Grenze. „Almanya“, sagt er, sei sein Ziel. Das Wort kennt niemand. „Germany“, lernt er, heißt das auf Englisch. Irgendwann ist Qasim in Budapest. Er steigt mitten in der Nacht in ein Auto ein, fährt sieben Stunden. Als er aufwacht, zeigt das GPS seines neuen Handys an: „Deutschland“. Doch das Wort kennt Qasim nicht. Er sagt zu zwei Polizisten, die er trifft: „I want to go to Germany.“ Die Beamten beginnen zu lachen: „Sie sind in Passau. In Germany, Sie sind da.“ Mubarak Shah Qasim ist sprachlos, er lacht und weint, er kann es nicht fassen: Er ist endlich da. Seither hatte er kaum Kontakt zur Familie, der Vater ist in Kabul, der Bruder in der Türkei gestrandet. Aber er ist sicher.

Warum Qasim abgeschoben werden soll

Hier könnte die Geschichte zu Ende sein. Mubarak Shah Qasim könnte ein neues Leben beginnen, arbeiten und Steuern zahlen, eine Ausbildung als Vermessungstechniker beginnen, eine Familie gründen. Und in einigen Jahren mit Lizzy Jöckel auf die verrückte Zeit anstoßen, die sie miteinander erlebt haben.

Doch die Realität ist eine andere. Denn sein Asylantrag wurde im März abgelehnt. Die Anhörung läuft schlecht, die Dolmetscherin gibt vieles nicht richtig wieder, der zuerst eingeschaltete Anwalt ist überfordert. Die Kopie des Ersatzausweises liegt im Bundesamt für Migration, irgendwo. Qasim müsste eine Deutschprüfung der Kategorie B2 absolvieren, um seine Ausbildung beginnen zu können, was ohne Integrationskurs schwierig und teuer ist.

Ein ganzer Ort kämpft für Qasim

Lizzy Jöckel und ihre Mitstreiter sammeln 700 Unterschriften. Die Tammer CDU-Chefin und der Bietigheimer Stadtrat Axel Westram setzen sich für Qasim ein – mitten im Bundestagswahlkampf übergeben Jöckel und Qasim die Unterschriften an Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Nach einigen Wochen kommt ein Brief. „Der Minister hat Ihre Ausführungen zur Kenntnis genommen“, heißt es darin, „aber Rückführungsmaßnahmen sind richtig und notwendig“. Es geht um Politik, um Wahlkampf, die AfD, um Abschreckung, Abschiebungen und die Ängste der „besorgten Bürger“, um Grundsätzliches. Doch Lizzy Jöckel und ihren Mitstreitern geht es um ihren Freund Mubarak.

Sie wollen kämpfen. Die Öffentlichkeit mobilisieren. „Straftäter können nicht abgeschoben werden, aber Menschen wie Qasim – das stimmt einfach nicht“, sagt sie. Sie wendet mit Hilfe seiner neuen Anwältin ab, dass er eine Duldung bekommt, denn dann dürfte er nicht arbeiten. Eine Klage vor dem Verwaltungsgericht läuft und liegt auf Halde, wie Zehntausende.

Der junge Mann verliert nie seine Lebensfreude

Bis die Klage entschieden ist, hofft und wartet Mubarak Shah Qasim. Notfalls bleibt noch die Härtefallkommission des Innenministeriums. Manchmal hilft es, wenn sich ein ganzer Ort für einen integrierten Flüchtling einsetzt. Wie in Tamm.

Bis dahin verliert der junge Mann vor allem eines nicht: seine Lebensfreude und seinen Optimismus. Natürlich vermisst er seine Familie. Ob sie je nach Deutschland kommen kann, ist unsicher. Mubarak Shah Qasim hadert nicht mit seinem Schicksal. „Ich habe unglaubliches Glück“, sagt er, „ich lebe, ich bin sicher und ich habe Arbeit. So ist mein Leben etwas wert.“