Bürger fordern, dass Weissachs Ex-Bürgermeisterin nicht in Haftung genommen wird. Daniel Töpfer weist das zurück.

Weissach - Die Gemeinde solle darauf verzichten, von Ursula Kreutel und Horst Haindl Schadensersatz zu verlangen. Das ist die Forderung einer Petition an den Weissacher Bürgermeister Daniel Töpfer (CDU) und den Gemeinderat. „Wir wollen nicht, dass beide in den Ruin und somit in die Altersarmut von der Gemeinde getrieben werden“, heißt es in dem Papier, das mittlerweile fast 50 Bürger unterschrieben haben. „Wir hätten noch viel mehr Unterschriften sammeln können“, sagt der Initiator Hans-Joachim Damm. „Aber in den Corona-Zeiten geht man natürlich nicht von Tür zur Tür.“

 

Wie berichtet, fordert die Gemeinde Weissach Schadensersatz von der früheren Bürgermeisterin Ursula Kreutel und ihrem damaligen Kämmerer Horst Haindl. Sie sollen 223 000 Euro zahlen. Kreutel reichte zwar Klage ein, im Mai aber verlor sie in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart, weil sie ihre „als Bürgermeisterin obliegenden originären Amtspflichten missachtet“ habe. Kreutel legte Berufung ein, deren Zulassung der Verwaltungsgerichtshof Mannheim derzeit prüft.

Viele tragen Verantwortung

Egal, ob die Gemeinde dann wieder recht bekommt oder nicht. Sie soll auf jeden Fall verzichten, das Geld einzuziehen, fordern die Bürger, die die Petition unterschrieben haben. Das Schreiben war eine Idee des Weissachers Hans-Joachim Damm. Er habe von dem Verfahren gelesen, berichtet der Unternehmer. „Dann dachte ich: Das kann doch nicht sein, dass zwei Menschen persönlich haften müssen.“

Dass in Weissach in den vergangenen Jahren vieles schief gelaufen war, sieht auch Damm so. Einen mit deutlichen Worten formulierten Brief fügt er der Petition bei. „Frau Kreutel gibt ja selbst zu, dass sie Fehler gemacht habe“, sagt er. „Aber dass man sie in dieser Weise persönlich in Haftung nimmt, halte ich für ein großes Übel.“

In dem der Petition angefügten Brief erklärt Damm, was er meint. „Lange, bevor Frau Kreutel ihr Amt übernahm, gab es schon Probleme mit den Jahresabschlüssen“, schreibt er. Aber keiner der Gemeinderäte habe gefragt, wo diese denn blieben. „Selbst den Landrat juckte es wenig, dass keine Abrechnungen erfolgten.“ Hans-Joachim Damm spricht von einer „Gesamtverantwortung“. Vor allem von den Gemeinderäten ist er enttäuscht. In den Jahren unter Kreutel hätten sie weggeschaut und später dann, auf einen Vorschlag von Daniel Töpfer hin, dem Schadensersatz-Verfahren zugestimmt.

„Eine kollektive Verantwortung auf nur zwei ehemalige Gemeindeträger abzuschieben, ist menschenunwürdig“, formuliert Damm in markigen Worten. Lange nach Unterstützung suchen musste der 73-Jährige nach eigenen Angaben nicht. „Ich bin von vielen Leute angesprochen worden“, berichtet er.

Daniel Töpfer weist die Forderung der Petition im Gespräch mit unserer Zeitung zurück. „Der Petition mit 50 solidarischen Unterschriften, wie sie aktuell von Herrn Damm vorangetrieben wird, stehen Stimmen von rund 7700 enttäuschten Weissachern und Flachtern gegenüber, die ihre Steuergelder über Jahre hinweg verschleudert sehen“, gibt der Bürgermeister zu bedenken.

Töpfer: Der Schaden liegt viel höher

Die 223 000 Euro, die die Gemeinde zurückfordert, setzen sich aus Honoraren zusammen, die externe Dienstleister für die Aufarbeitung der versäumten Jahresabschlüsse gebaucht hatten. Töpfer erinnert jedoch an seine Schätzung, der zufolge der tatsächliche Schaden liegt bei rund fünf Millionen Euro liegt. „Das hätte die Gemeinde heute bar mehr auf dem Konto, wären die Verurteilten ihren Dienstpflichten nachgekommen“, sagt er.

Dass da einzelne Stimmen weiterhin von „Versehen“ und „Unschuld“ der ehemaligen Amtsinhaber sprechen, erschließt sich ihm nicht. „Das ist ist mehr als erstaunlich“, sagt Töpfer. Das erstinstanzliche Urteil findet er klar und eindeutig. „Da wird selbst für einen Laien schnell deutlich, dass es sich bei den dargelegten Dienstpflichtverletzungen von Ursula Kreutel und Horst Haindl nicht nur um kleine Versäumnisse oder Fehlentscheidungen handelt, sondern um gravierende, offenkundige Verfehlungen und Pflichtverletzungen zu Lasten der Gemeinde Weissach über Jahre hinweg“, sagt der Bürgermeister.

Bei dem Verfahren geht es um Paragrafen, die für jeden Beamten gelten. „Die rechtlichen Hürden für ein schuldhaftes Verhalten sind dabei sehr hoch“, betont Töpfer. Nur wenn der Beamte grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat, ist ein Anspruch auf Schadensersatz überhaupt gegeben. „Dass mit diesem Urteil jemand in die Privatinsolvenz oder Altersarmut getrieben wird, ist eine abenteuerliche Behauptung ohne jeglichen Beweis, denn das Gericht berücksichtigt bei seinem Urteilsspruch die Verhältnismäßigkeit des Verschuldens und des wiedergutzumachenden Schadens“, sagt Töpfer.