Der Rohrer Hans-Dieter Mechler hat in Stuttgart die Initiative zur Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen (Vera) begründet.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Rohr - Hans-Dieter Mechler hat in seinem Leben viel erreicht. Fast 51 Jahre lang hat er in einem Versicherungsunternehmen gearbeitet, hat von der Pike auf alles gelernt und ist bis in die Chefetage aufgestiegen.

 

Anfang 2010 stand er kurz vor der Rente und vor der Frage, wie es weitergehen soll. „Ich hatte mir schon lang überlegt, dass ich ehrenamtlich tätig sein will“, sagt Mechler. Ursprünglich habe er damit geliebäugelt, Führungskräfte zu coachen. „Aber so wäre ich wieder in den selben Zirkus hineingeraten, und das wollte ich auch nicht“, sagt Mechler.

Dann kam ein Anruf der Handwerkskammer Stuttgart. Der Mann am Telefon stellte Mechler die Initiative Vera vor. Die Abkürzung steht für „Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen“. „Die Initiative gab es in ganz Deutschland schon, nur in Baden-Württemberg gab es sie nicht“, sagt Mechler. Er sei von der Idee begeistert gewesen. „Das wollte ich unbedingt probieren“, sagt der Mann aus Rohr.

Ausbildungsabbrüche können viele Ursachen haben

Doch als er von den Zahlen hörte, sei ihm schummrig geworden. Denn allein die Handwerkskammer Region mittlerer Neckar registriert jedes Jahr rund 1200 Ausbildungsabbrüche. Die Gründe dafür, dass jemand seine Lehre schleifen lässt, sind nach Mechlers Erfahrung vielschichtig. Oftmals treffe die Eltern eine gewisse Mitschuld, weil sie einfach nicht nach ihrem Nachwuchs schauen. Manchmal sei es aber auch schlicht eine neue Liebe, welche die jungen Menschen alles andere vergessen lässt.

Um sein Projekt vorzustellen, ging der frischgebackene Regionalkoordinator Mechler in die Berufsschulen der gesamten Region. Mehr als 30 hat er schon besucht. Die Lehrer seien begeistert gewesen, bei den jungen Leuten selbst sei er jedoch oft auch auf Abneigung gestoßen. Denn viele koste es Überwindung zuzugeben, dass sie ein Problem haben.

Gleichzeitig musste Mechler Ehrenamtliche gewinnen. Hier half ihm der Senioren Expertenservice (SES). Dieser vermittelt seit mehr als 25 Jahren Ruheständler in alle Welt, damit sie mit ihrem Fach- und Sachwissen neue Projekte anstoßen können. Auch die Vera ist eine Initiative unter dem Dach des SES (wir berichteten).

Der SES bekommt jährlich mehr als 1200 Bewerbungen von älteren Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren wollen. Zu der Stuttgarter Vera-Auftaktveranstaltung – einem zweitägigen Seminar in Bonn – kamen 25 Frauen und Männer. „Jeder hatte eine tolle berufliche Karriere hinter sich. Und jeder hatte einen jungen Bekannten oder Verwandten, der seine Ausbildung abgebrochen hat, und wollte dem etwas entgegensetzen“, sagt Mechler.

Rund 140 Anfragen im vergangenen Jahr

Inzwischen hat er mehr als 80 Begleiter zusammen. Sie haben allein 2011 rund 140 Jugendlichen geholfen. „Wir sind für die jungen Leute da, treffen uns mit ihnen auf neutralem Boden, hören ihnen zu und haken nach, wo die Probleme sind“, sagt Mechler.

Am Anfang würden sich der Auszubildende und sein ehrenamtlicher Begleiter oft wöchentlich treffen, am Ende würde häufig ein Telefonanruf in der Woche genügen. Natürlich habe man nicht alle Ausbildungsabbrüche verhindern können. „Aber jeder einzelne verhinderte Ausbildungsabbruch war die Mühe wert“, sagt Hans-Dieter Mechler.

Hans-Dieter Mechler ist unter Telefon 01 71/8 22 99 23 oder per Mail an stuttgart@vera.ses-bonn.de erreichbar.