Die Ferry-Porsche-Stiftung hat Preisgelder in Höhe von einer Million Euro an Vereine vergeben, die Behinderten die Möglichkeit zum Sporttreiben eröffnen. Unter den Erst- und Zweitplatzierten sind zwei Stuttgarter Vereine.

Inklusion ist, wenn alle mitmachen dürfen, wenn jeder dazugehört und das Nebeneinander zum Miteinander wird. Sport bietet dafür eine gute Basis, Sportvereine die Gelegenheiten. Die Ferry-Porsche-Stiftung unterstützt Vereine darin mit Fördergeldern in Höhe von einer Million Euro. 200 Bewerbungen aus Sachsen und Baden-Württemberg, den Standorten der Porsche AG, sind anlässlich der Ferry-Porsche-Challenge eingegangen, am Montagabend sind im Porsche-Museum in Stuttgart 29 Finalisten ausgezeichnet worden. Für weitere 30 Vereine gibt es Investitionsanschub in Höhe von je 2500 Euro.

 

Der MTV ist Schrittmacher in Stuttgart

Einer der drei ersten Preise geht an den MTV Stuttgart 1843. Er ist mit mehr als 9000 Mitgliedern nach dem VfB der zweitgrößte Verein in Stuttgart und nun mit einem Preisgeld in Höhe von 75 000 Euro bedacht worden. Der Verein beschäftigt hauptamtlich Mandy Pierer als Inklusionsmanagerin. Er bietet Blindenfußball als Sportart an, die Mannschaft spielt in der Ersten Bundesliga. Rollstuhlfahrer finden Soccer- und Basketballmannschaften, Angebote für Leichtathleten mit Einschränkungen gibt es zudem. Doch der MTV ist nicht nur Anbieter für Behinderte, sondern auch Arbeitgeber eines Menschen mit Behinderung: Der Kapitän der Blindenfußballmannschaft, Mulgheta Russom, ist als erster blinder Fitnesstrainer Deutschlands im Regelbetrieb des Fitnessstudios eingestellt worden – ohne staatliche Förderung. Darüber hinaus unterstützt der Verein die Paralympic-Sportlerin Anja Wicker (Biathlon) bei Wettkämpfen.

„Ich habe schwer auf einen Preis gehofft, aber sicher konnte ich mir nicht sein“, sagte der überraschte Marcel Pierer, der Leiter der Rollstuhlsportabteilung beim MTV, bei der Preisverleihung im Porsche-Museum. Der MTV hat sich mit dem Plan beworben, das kommunale Netzwerk Inklusion weiter auf- und auszubauen. „Das können wir allein nicht stemmen. Aber wir kennen die Vereine, die Sportarten für Behinderte anbieten. Wir wissen, wer am besten ist, wir können die Stärken zusammenführen und ortsnahe Angebote organisieren“, sagt Marcel Pierer. Der Anfang sei gemacht, erste Gespräche mit der Stadtverwaltung habe es gegeben. Pierers Überzeugung: „Mehr geht immer!“

Ein Spitzensportler dankt

„Wir waren beeindruckt von der Anzahl und der Tiefe der eingereichten Projektideen“, lobte Sebastian Rudolph, der Vorstandsvorsitzende der Ferry-Porsche-Stiftung, das Engagement der Vereine. Auch Porsche-Chef Oliver Blume, der Vorsitzende des Stiftungskuratoriums, wurde mit einem Grußwort zu der hybriden Feier zugeschaltet. „Wir wissen um die Herausforderungen in der Pandemie und sind überwältigt von den vielen Ideen. Begeistert hat mich das Herzblut, das Sie für diese Challenge aufgebracht haben.“

Als Schirmherr der Challenge führte Niko Kappel launig durchs Programm. Der 27-Jährige hat 2016 im Kugelstoßen Gold bei den Paralympics in Rio de Janeiro geholt und ist Weltrekordler. „Drei Erstplatzierte! Das wünscht man sich im Sport auch“, sagte er und betonte die Rolle der Vereine für den Behindertensport: „Den kann ich nur ausüben, weil Vereine es ermöglichen. Das können sie nur mit finanzieller Unterstützung wie hier mit dieser Million Euro. Aber man muss es auch machen, und dafür danke ich den Vereinen sehr.“

Auch kleine Initiativen zählen

Erste Preise sind ferner an die Turn- und Sportgemeinschaft Wilhelmsdorf und an die Rollstuhlsport-Initiative des Leipziger Behinderten- und Rehasportvereins gegangen. Zwei mit je 50 000 Euro dotierte Sonderpreise, überreicht von Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper, haben sich die TSG Reutlingen und der Gehörlosen-Sportverein Leipzig erkämpft. Sechs Vereine sind mit dem zweiten Preis, dotiert mit jeweils 50 000 Euro, bedacht worden, darunter der kleine Stuttgarter Verein Eichenkreuz, der Klettern für Behinderte anbietet und auf die Initiative eines betroffenen Vaters zurückgeht. „Als meine Tochter die Schule verlassen hat, gab es plötzlich kein Sportangebot mehr“, sagt er – und etablierte mit der Evangelischen Jugend Stuttgart ein Angebot im Cityrock.

Acht Vereine erhielten einen dritten Preis (je 25 000 Euro), darunter der SV Böblingen, dessen Rollstuhl-Fechter eine beeindruckende Vorstellung gegeben haben. Auch der Stuttgarter Verein Zeit zum Tanzen, der seit zehn Jahren immer wieder sonntags Menschen mit und ohne Beeinträchtigung zum Tanzen in die Sportgaststätte Am Viadukt in Stuttgart-Münster einlädt und sogar eine eigene Tanzformation gegründet hat, gehört dazu. Zehn weitere Vereine erhielten für ihre Nominierung jeweils 10 000 Euro Preisgeld.