Frühzeitige Einschulungsuntersuchungen sollen allen Kindern einen guten Schulstart ermöglichen. Die Ergebnisse aus Stuttgart zeigen: Übergewicht und Adipositas sind etwas zurückgegangen. Dafür gibt es eine andere große Baustelle.

Familie/Bildung/Soziales: Mathias Bury (ury)

Wer wissen will, wie es um die Kindergesundheit in Stuttgart bestellt ist, sollte einen Blick in die Ergebnisse der Einschulungsuntersuchungen (ESU) werfen. Jedes Jahr werden in der Landeshauptstadt zwischen 5000 und 6000 Kinder im Alter von vier und fünf Jahren untersucht, mit Seh- und Hörtests, die motorische Entwicklung wird geprüft, das Sprachvermögen und Vorformen mathematischer Fähigkeiten. Und das zwei Jahre vor der Einschulung, sodass, wenn nötig, bei Defiziten gegengesteuert werden kann.

 

Die ESU ist die einzige Untersuchung, bei der jedes Kind eines Jahrgangs erfasst und einem Arzt vorgestellt wird, auch jene, die keinen Kinderarzt haben. Nun hat die Sozialverwaltung der Stadt mit dem Gesundheitsamt die Ergebnisse der vergangenen eineinhalb Jahrzehnte ausgewertet. Insgesamt hat die Zahl der untersuchten Kinder merklich zugenommen. Im sogenannten ESU-Jahrgang 2010 wurde noch rund 4300 Kinder registriert, 2024 waren es schon rund 5300, plus 23 Prozent.

Insgesamt ist die Einschätzung der Kindergesundheit erfreulich. So sei die Entwicklung der allermeisten Kinder in Stuttgart „vollkommen unauffällig“, schreibt die Stadt in ihrem Bericht. Beispiel Einschulungsjahrgang 2024: Von den untersuchten 5300 Kindern wurden 94 eine Brille verordnet oder weitere augenärztliche Therapien. 77 Kinder wurden zum Hals-Nasen-Ohren-Arzt geschickt, 57 zu anderen Therapien wie Logo- oder Ergotherapie. Das sind zusammen 4,3 Prozent aller untersuchten Kinder.

Großes Defizit: Sprachvermögen

Kritisch allerdings ist nach wie vor die Entwicklung des Sprachvermögens vieler Kinder. Das ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass unter den 5300 in den beiden Vorjahren getesteten Kindern 27,5 Prozent sind, deren Familiensprache nicht deutsch ist. Im ESU-Jahrgang 2019 waren das sogar 41,6 Prozent. Insgesamt lag der Prozentsatz der Kinder „mit auffälligem Sprachscreening“ vor der Corona-Pandemie bei etwa 40 Prozent. Seither ist dieser auf 43,4 Prozent weiter gestiegen. Der Anteil der Stuttgarter Kinder, die sogar „intensiven Sprachförderbedarf“ haben, lag zuletzt bei 34,8 Prozent. Deshalb begrüßt die Stadt das im Januar vom Landtag beschlossene Förderkonzept „SprachFit“, das derzeit in der Umsetzung sei.

Erfreulich, nämlich rückläufig, ist die Zahl der Kinder mit Übergewicht oder Adipositas. Laut Stadt schwankte deren Zahl in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten stets zwischen 400 und 500 Kindern. Der Anteil der bei der ESU festgestellten Kitakinder mit Übergewicht sank seit 2010 von damals 10,8 auf noch 7,7 Prozent. Von diesen gelten 3,4 Prozent als adipös (zuvor 4,3 Prozent), also als schwer übergewichtig. Und 1,2 Prozent (1,5 Prozent im ESU-Jahr 2010) sind sogar extrem adipös.

90 waren extrem adipös

Im ersten untersuchten Jahrgang nach Corona waren 150 Kinder adipös und 90 sogar extrem adipös. Mädchen sind etwas stärker betroffen. Angesichts der registrierten Wohnorte nimmt die Sozialverwaltung einen Zusammen mit einer schwierigen sozialen Lage der Familien an. Dass die Werte aber insgesamt doch besser geworden sind, führt die Stadt auch auf die eigenen Aktivitäten zur Prävention und Behandlung von Adipositas zurück, nicht zuletzt auf die seit 2018 eingerichtete Adipositas-Beratungsstelle im Gesundheitsamt.

Wichtig für die kindliche Entwicklung ist die Ausbildung der Motorik. In der Einschulungsuntersuchung wird die Grobmotorik etwa durch Hüpfen auf einem Bein getestet. Auch hier stellt die Stadt eine Verbesserung fest. Die Zahl der Kinder mit motorischen Problemen lag im ESU-Jahrgang 2012 noch bei 30,5 Prozent, gut ein Jahrzehnt später noch bei 22,6 Prozent. Da man bei einem Rückgang von einem Prozent etwa 50 Kinder weniger habe mit motorischen Problemen, seien dies insgesamt etwa 400 Kinder weniger, die als auffällig eingestuft würden.

Auch hier sieht die Sozialverwaltung einen Zusammenhang mit den seit Jahren laufenden Fördermaßnahmen des Amts für Sport und Bewegung mit Kitaträgern, Jugendamt und Sportvereinen. So beteiligten sich 450 von 560 Kitas in der Stadt am Programm Kitafit. Der Stuttgarter Bewegungspass werde inzwischen in 390 Kitas umgesetzt.