Untersuchungsausschuss Ermittlungsbericht lässt viele Fragen offen
Die lang erwartete Untersuchung von Fällen sexueller Belästigung in der Landesverwaltung ist nun öffentlich. Er wirft nur ein Schlaglicht – vor allem auf die Polizei.
Die lang erwartete Untersuchung von Fällen sexueller Belästigung in der Landesverwaltung ist nun öffentlich. Er wirft nur ein Schlaglicht – vor allem auf die Polizei.
Der Vorgang war so ungewöhnlich, dass der Grünen-Abgeordnete Oliver Hildenbrand nicht umhin kam, darauf noch einmal hinzuweisen. Vor der Befragung der Ermittlungsbeauftragten im Untersuchungsausschuss zu sexueller Belästigung bei der Polizei und in Landesbehörden verteilte ein Mitarbeiter der Landtagspressestelle ihren Bericht an Journalisten. „Es ist eine große Besonderheit, dass dieser Ermittlungsbericht veröffentlicht wurde“, betonte Hildenbrand. Üblicherweise werde der nur zur internen Aufarbeitung verwendet.
Dass der Bericht, der Fälle sexueller Belästigung in der Landesverwaltung aufarbeitet, schließlich sieben Monate nach Fertigstellung an die Öffentlichkeit gelangt, dürfte auch damit zu tun haben, dass sein Ergebnis recht unspektakulär daher kommt. Im Vorfeld wurden große Abstriche gemacht, welche Behörden überhaupt untersucht werden. Der nachgeordnete Bereich des Wissenschaftsministeriums – also etwa Universitäten, Museen oder Theater – wurde beispielsweise ausgeklammert. Insgesamt hatte die Untersuchung eine Unwucht. Denn nur im Einflussbereich des Innenministeriums wurden auch Fälle weit über die Ministerien und große Landesbehörden hinaus untersucht – also bei den mehr als 30 000 Beschäftigten der Landespolizei.
Von mehr als 300 einst für fünf Jahre bis 2022 im Regierungsbericht gemeldeten Verdachtsfällen blieben nach allen Abstrichen lediglich 91 übrig. Davon wurden nur 85 eingehender untersucht, weil in den anderen die Straf- oder disziplinarrechtlichen Erfahren noch nicht abgeschlossen sind. Auch der Zeitraum der Untersuchung konnte nicht wie geplant auf zehn Jahre ausgeweitet werden, weil Akten teils schon gelöscht waren.
„Es ist ein Teilblick auf die Landesbehörden“, sagte SPD-Obmann Sascha Binder. Angesichts der Größenordnung sei natürlich die Frage, „wie hell das Hellfeld ist“. Die Abschichtung dürfte auch der Tatsache geschuldet sein, dass der Untersuchungsausschuss große Schwierigkeiten hatte, überhaupt eine Ermittlungsbeauftragte zu finden. Die Amtsrichterin aus Sinsheim, Bärbel Hönes, übernahm den Job. „Das ist ein rein juristischer Blick“, sagte Binder.
Die Amtsrichterin orientiert sich an strafrechtlichen Kriterien. So stuft sie 71 Fälle als „niederschwellig“ ein. Sie bewegen sich im Bereich der Berührungen oder der sexualisierten Sprache. 55 Fälle zogen disziplinarrechtliche Verfahren nach sich, neun Mal wurden arbeitsrechtliche Verfahren eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft hat in 48 Fällen Ermittlungen aufgenommen. In neun Fällen wurde Anklage erhoben. Im Untersuchungszeitraum kam es bisher zur drei Verurteilungen. Im schwersten Fall geht es um versuchte Vergewaltigung, in den anderen beiden um sexuelle Belästigung und um Nachstellung.
Insgesamt schloss die Ermittlungsbeauftragte Hönes, dass mit den den Vorwürfen „im Großen und Ganzen ordentlich umgegangen wurde“. Sie regte vor allem an, die Verfahren zu beschleunigen und sah Defizite in der Aktenführung. Die Amtsrichterin stellte aber keine strukturellen Probleme in den untersuchten Landesbehörden fest. Wenn Menschen verschiedenen Geschlechts aufeinander träfen, gebe es nun mal unterschiedliche Interessen.
Grünen-Obmann Hildenbrand widersprach. Natürlich seien solche Fragen im Umgang ein strukturelles Problem. Er will ebenso wie sein CDU-Pendant Christiane Staab Handlungsempfehlungen ableiten und schlägt ein breit angelegtes Forschungsprojekt vor. Ebenso wie FDP-Obfrau Julia Goll kritisiert er, dass eine vom Innenministerium angekündigte Dienstvereinbarung zum Umgang mit sexueller Belästigung für die Landespolizei nach wie vor auf sich warten lässt. Für die Ministerien hatte das Land nach dem Vorfall mit dem Inspekteur der Polizei vor drei Jahren, der den Untersuchungsausschuss ins Rollen brachte, eine solche Vereinbarung geschlossen.