Unverpackt-Laden in Waiblingen Hier gibt es mehr als Haferflocken

Viele Waren, die Martina Mohr und Uta Grasmannsdorf in die Regale räumen, haben nur wenige Kilometer Transportweg hinter sich. Foto: Gottfried Stoppel

Der Waiblinger Unverpackt-Laden stand kurz vor dem Aus. Seit einem Jahr setzt er auf ein solidarisches Wirtschaftskonzept. Hat sich das bewährt und was schätzt die Kundschaft an dem Laden?

Mehl, Müsli und Marmelade aus Waiblingen-Hegnach, Saftschorlen aus Kernen, Wein aus Korb, feine Öle aus Weinstadt-Großheppach, Joghurt und Frischkäse aus Neckarrems, Kerzen aus Schwaikheim – die Liste ließe sich noch um einige Produkte verlängern. Viele Waren, die Uta Grasmannsdorf und Martina Mohr in die Regale ihres Waiblinger Unverpackt-Ladens B:ohne am Rande des Postplatzes räumen, haben nur wenige Kilometer Transportweg hinter sich. Und die Kundschaft kann darauf vertrauen, dass die Lieferanten für ihre Erzeugnisse angemessen bezahlt werden.

 

Der faire Umgang mit lokalen Produzenten habe seinen Preis, erklärt Martina Mohr: „Da haben wir so gut wie keine Marge drauf.“ Was mit dazu führt, dass eine einigermaßen angemessene Bezahlung der Betreiberinnen nach wie vor nicht möglich ist. „Wir können unsere Miete, Rechnungen und Angestellte bezahlen, stehen selbst aber ganz hinten auf der Liste“, fasst Uta Grasmannsdorf die Lage kurz zusammen und begründet diese so: „Wir können unsere Produkte, die eine gute Qualität haben, nicht superbillig einkaufen und nicht unendlich teuer machen.“

Zwei Unverpackt-Läden im Landkreis mussten aufgeben

Vor fast einem Jahr, zum 1. März 2023, hatten sich die beiden Frauen dazu entschieden, das Geschäftskonzept ihres Unverpackt-Ladens auf gemeinschaftsbasiertes, solidarisches Wirtschaften umzustellen und so ihren kleinen, feinen Laden vor dem Schicksal der Unverpackt-Läden in Winnenden und Backnang zu retten: Beide mussten wegen zu geringer Einnahmen aufgeben. Außer dem Waiblinger Unverpackt-Laden gibt es inzwischen nur noch einen weiteren im Landkreis – die Bergerei in Schorndorf.

Seit der Umstellung auf das alternative Wirtschaftskonzept legen die Ladenbetreiberinnen ihre Betriebskosten offen. Gedeckt werden diese durch die monatlichen Beiträge der sogenannten Banden-Mitglieder. Dabei handelt es sich um derzeit knapp 120 Kundinnen und Kunden, die einen monatlichen Beitrag vorstrecken und dann später für diese Summe im Laden einkaufen können. Für Uta Grasmannsdorf und Martina Mohr bedeutet das Modell, dass sie den Umsatz besser kalkulieren und Bestellungen auch besser planen können. Tatsächlich sei es damit gelungen, die Situation zu stabilisieren und den Umsatz zu steigern, sagt Martina Mohr: „Wir dachten allerdings, dass wir weiter wachsen. Aber eine Einkaufsgemeinschaft ist abgesprungen, auch einzelne Kunden steigen aus oder reduzieren ihren Monatsbeitrag. Daher wachsen wir nicht so, dass wir ein faires Auskommen haben.“

Kostspielige Werbemaßnahmen sind nicht drin

Dennoch wollen die beiden Frauen in ihrem vorerst geretteten Laden weitermachen und im frisch angelaufenen Jahr verstärkt dafür werben, dass einerseits die Banden-Mitglieder weiter bei der Stange bleiben und andererseits neue Gesichter hinzukommen. Kostspielige Werbemaßnahmen sind allerdings nicht drin. Die kann sich hingegen so mancher große Lebensmittelkonzern locker leisten – und dabei gleich noch kräftig Greenwashing betreiben. Hinzu kommen weitere Hürden, etwa der im März endende Leasingvertrag fürs Firmenauto. Das habe den ein oder anderen Kratzer abbekommen, sagt Martina Mohr: „Wir wissen aber noch nicht, wie viel uns das kostet.“

Ein bisschen fühlen sich Martina Mohr und Uta Grasmannsdorf wie Don Quichotte in seinem Kampf gegen Windmühlen. Da tut es gut, dass es Menschen wie Katja Fackler gibt. Die Frau aus Rommelshausen ist eine Kundin der ersten Stunde und hat schon bei den beiden Bohne-Frauen eingekauft, als die ihre Waren noch auf dem Wochenmarkt anboten. „Ich fände es total schade, wenn dieser Laden hopsgehen würde. Deshalb unterstütze ich ihn, so gut ich kann.“

Rabatt für solidarische Bandenmitglieder

„Wir bräuchten finanzielle Solidaritätsbeiträge, um gesund zu sein“, sagt Uta Grasmannsdorf. Die Bohne-Crew will daher ihren Mitgliedern beim nächsten Treffen eine neue Idee vorstellen. Sie besteht darin, den derzeit drei Monatsbeiträgen in Höhe von 48, 72 und 96 Euro einen „solidarischen Sockel“ in Höhe von zwölf, 18 oder 24 Euro hinzuzufügen. Im Gegenzug dürfen die Banden-Mitglieder einen selbst gewählten Rabatt von bis zu 15 Prozent beanspruchen.

Wie die Idee ankommt, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Martina Mohr und Uta Grasmannsdorf sind aber überzeugt: „Viele unserer Kunden wissen es zu schätzen, dass wir ein offenes Ohr für sie haben, und sie auch mal ihr Herz ausschütten können. Man kriegt hier mehr als Haferflocken.“

Wissenswertes für Einsteiger

Beitragsabend
 Für den Donnerstag, 22. Februar, ist der Beitragsabend terminiert. Dann kommen die derzeit rund 120 Unterstützerinnen und Unterstützer des Unverpackt-Ladens, die sogenannten Banden-Mitglieder und alle, die es werden wollen, von 19 Uhr an im Kulturhaus Schwanen, Winnender Straße 4, zusammen. An dem Abend legen die Mitglieder unter anderem ihren Mitgliedsbeitrag für das Jahr fest.

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