Nirgendwo in Deutschland ist die Blitzdichte so hoch wie in Baden-Württemberg. Erst vor Kurzem wurde in Bönnigheim deutlich, was ein Blitz anrichten kann. Warum gewittert es hier so oft? Und wie kann man sich schützen? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Zum Fotografieren und Beobachten aus sicherer Entfernung können Blitze etwas Beeindruckendes haben. Wenn diese allerdings in Häuser einschlagen, Teile von Gebäuden zerstören und Menschen verletzen, ist jegliche Gewitterromantik vorbei. Dies ist in den vergangenen Tagen auch in der Region Stuttgart passiert: Beim Gewitter am 20. Juli etwa schlug ein Blitz in das Dach eines Mehrfamilienhauses in Bönnigheim (Kreis Ludwigsburg) ein. Es entstand ein Sachschaden in Höhe von rund 50 000 Euro, weil Elektrogeräte im ganzen Haus zerstört wurden, Ziegel vom Dach fielen und Autos beschädigten, Lichtschalter und Abdeckungen von Steckdosen aus der Wand gesprengt wurden sowie Dinge von den Wänden fielen. Eine 86-Jährige und ein 72-Jähriger wurden leicht verletzt, sie mussten ins Krankenhaus gebracht werden.

 

War dies ein unglücklicher Zufall? Oder müssen wir uns in Zukunft besser auf solche Ereignisse einstellen, weil Unwetter zunehmen? Und warum blitzt es hier eigentlich öfter als anderswo in Deutschland? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wie oft blitzt es in der Bundesrepublik?

Der vor wenigen Tagen veröffentlichte Siemens-Blitzatlas mit Daten vom europäischen Verbund der Blitzortungssysteme Euclid führt für das Jahr 2021 insgesamt 491 000 Erdblitze in ganz Deutschland auf sowie knapp 100 000 Einschläge und damit 23 Prozent mehr als 2020. In keinem Bundesland blitzt es so oft wie im Südwesten, wenn man die Häufigkeit auf die Fläche umlegt. Für Baden-Württemberg wurde eine Blitzdichte von 2,61 Blitzereignissen pro Quadratkilometer berechnet, dahinter folgt Bayern mit einer Blitzdichte von 2,18. In Bayern wurden mit einem Anteil von 31 Prozent allerdings knapp ein Drittel aller gemessenen Einschläge gemessen.

Wo blitzt es am häufigsten?

Deutschlandweit wurde im bayerischen Landkreis Starnberg die höchste Blitzdichte gemessen mit 7,6 Einschlägen pro Quadratmeter. Dahinter folgen der Landkreis Augsburg sowie der Bodenseekreis mit einer Blitzdichte von jeweils 5,9. Der deutschlandweite Durchschnitt liegt bei 1,4 Blitzen pro Quadratkilometer.

Aus der Region Stuttgart liegt der Rems-Murr-Kreis mit einer Dichte von 3,24 Blitzen pro Quadratmeter im Jahr 2021 und 2774 Blitzen am weitesten vorne; nämlich auf Platz 36 von insgesamt 402 Stadt- und Landkreisen. Ebenfalls viele Blitze wurden im Kreis Esslingen (Platz 41) verzeichnet mit einer Blitzdichte von 3,10 sowie im Kreis Böblingen (Platz 43) mit einer Blitzdichte von 3,06. Die Landeshauptstadt Stuttgart liegt auf Platz 53 mit einer Blitzdichte von 2,69, der Kreis Ludwigsburg auf Platz 61 mit einer Dichte von 2,42. Deutlich seltener blitzt es hingegen im Kreis Göppingen (Platz 206), dort wurde eine Blitzdichte von 0,99 berechnet.

Warum steht der Süden an der Spitze?

Baden-Württemberg und Bayern werden als südlichste Bundesländer am häufigsten von Gewittern getroffen. „Das liegt an der schwülwarmen Luft im Sommer hier, in Frankreich gibt es zum Beispiel noch mehr Gewitter“, erläutert Thomas Schuster, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst (DWD) in Stuttgart. In Baden-Württemberg würden die Gewitter meist in den Höhenlagen des Südschwarzwalds ausgelöst, kämen dann über den westlichen Teil der Schwäbischen Alb in den Nordschwarzwald, dann in die Region Stuttgart. Auch wenn am Atlantik Unwetter herrschten und diese herüberzögen, sei Baden-Württemberg als erstes Bundesland betroffen, erläutert Thomas Schuster.

Gibt es mehr Gewitter als früher?

Ein Blick in die Statistik des DWD zeigt: In den vergangenen zehn Jahren gab es in Stuttgart stets zwischen 16 und 26 Gewittertage in den unwetterreichen Sommermonaten zwischen Juni und August. So waren es 2017, 2018 und 2021 jeweils 26 Tage mit Gewitter im Sommer, im Jahr 2020 aber nur 16. Der Meteorologe Thomas Schuster rechnet nicht damit, dass es wegen der Klimakrise künftig zu mehr Unwettern kommt. Allerdings werde sich die Intensität aufgrund der heißeren Tage und höheren Luftfeuchtigkeit verändern, sagt er. Unwetter werden also stärker – und damit auch gefährlicher.

Wie kann man sich schützen?

Das Wichtigste bei einem Gewitter ist es, offene Gelände, Berggipfel, Bäume und Masten zu meiden. Keinesfalls sollte man draußen Gegenstände mit Metallteilen nutzen, wie Regenschirme oder Fahrräder, warnt das baden-württembergische Innenministerium. Zu Hause sollte man bei Hagel oder starken Stürmen die Fenster und Rollläden geschlossen halten und bei Starkregen nicht in den Keller gehen. Bei einem Gewitter sollte man auch nicht baden oder duschen, das kann lebensgefährlich sein. Und sicherheitshalber sollten empfindliche elektrische Geräte ausgesteckt werden. Nach einem Gewitter sollten die Geräte nur dann wieder in Betrieb genommen werden, wenn sie nicht feucht geworden sind.

Ist ein Auto sicherer als ein Haus?

Bei Häusern kommt es darauf an, ob diese einen Blitzschutz haben. Falls dies nicht der Fall ist oder man es nicht sicher weiß, sollte man elektronische Geräte ausstecken und sich von Wasser und Metall fernhalten. Ein Auto ist bei Blitzen ein sicherer Ort, weil es aufgrund seiner Metallkarosserie einen sogenannten Faraday’schen Käfig bildet. Selbst wenn das Auto vom Blitz getroffen wird, fließt der Strom außen in die Erde ab. Auch ein Zug, ein Flugzeug sowie eine Seilbahngondel bilden aufgrund der Metallhüllen einen Faraday’schen Käfig. Dennoch sollte man während eines Gewitters nicht Auto fahren, sagt Thomas Schuster. Denn in aller Regel kämen ja auch noch Starkregen, Wind und womöglich Hagel hinzu. Zudem könnten die Reifen platzen durch Blitze.