Mit der Nähmaschine ins Freibad nach Backnang: Im Rahmen des Klimaschutzprojekts Klik sind bei einem Workshop am Rande des Schwimmbeckens neue Kreationen aus alten Kleidungsstücken entstanden.

Backnang - Abseilen“ ist das Wort, das Nikolai bei der Lautsprecherdurchsage im Backnanger Freibad verstanden hatte. Coole Aktion, hat der 13-Jährige gedacht – und sich gleich mal auf die Suche nach der Kletterwand gemacht. Vergeblich. Denn im Mineralfreibad wird an diesem Freitagnachmittag nicht gekraxelt, sondern genäht. Modisches aus ollen Klamotten, auf Neudeutsch: „Upcycling“, steht auf dem Programm, das im Rahmen des kreisweit laufenden Projekts „Klik“ im Schwimmbad stattfindet (siehe auch „Klik steht für Klimaschutz“).

 

Kein Seil weit und breit also, dafür ist jede Menge Garn vorhanden. Ein Glück, dass Nikolai flexibel ist. Und so setzt er sich eben an eine der Nähmaschinen, die auf einer Bierbank bereit stehen, und macht für seine Freundin Svenja eine Umhängetasche. Dazu verwendet er eine Jeanshose, der er die Beine abgeschnitten hat. Nun verschließt er routiniert die Löcher mit einer sauberen Naht. Tragegriffe braucht die Tasche noch. „Was hältst du davon?“ fragt Nikolai und hält Svenja zwei ausrangierte Krawatten vor die Nase. „Prima Idee“, findet die 13-Jährige.

Nikolai an der Nähmaschine

Silke Müller-Zimmermann nickt zustimmend. Sie sitzt an der Nähmaschine neben Nikolai und unterstützt die zehnjährige Janice bei der Taschenherstellung. Dass sie sich mal freiwillig und freudig mit Nadeln und Faden beschäftigen würde, hätte Silke Müller-Zimmermann bis vor kurzem nicht für möglich gehalten. „Handarbeit war früher gar nicht mein Ding. In der achten Klasse hat mich die Lehrerin sogar mal aus dem Nähunterricht geworfen“, sagt die Weissacherin und lacht: „Ich lag immer im Clinch mit der Nähmaschine.“

Inzwischen aber hat sie ihre Trompete gegen ein solches Gerät eingetauscht und schneidert munter drauf los. Abgelegte Herrenhemden, alte Jeanshosen und ausgemusterte T-Shirts machen so unverhofft einen Karrieresprung – aus dem Altkleidersack in das Schrankfach mit den Lieblingsklamotten. Das spart Geld, Rohstoffe und Kohlendioxid und genau das ist das Ziel des Klimaschutzprojekts „Klik“.

Tina Unold aus Unterweissach ist ebenfalls eine sehr aktive Klik-Teilnehmerin und hat als neues Lieblingsobjekt die Krawatte entdeckt. Mehrere Exemplare davon näht sie zum Beispiel zu Miedern oder breiten gemusterten Gürteln zusammen. „Kürzlich hab ich so einen Gürtel zu einem eher öden schwarzen Cocktailkleid angezogen“, sagt Tina Unold – ein echter Hingucker. „Jede Krawatte für sich betrachtet ist ein Albtraum, aber kombiniert sehen sie fast aus wie von Versace.“

Upcycling im Unterricht

„Man sollte wirklich nichts wegwerfen“, sagt eine Freibadbesucherin und nimmt die Kreationen in Augenschein. Genau das ist das Ziel der Klikerinnen. „Wir wollen die Idee, Sachen wieder zu verwerten, salonfähig machen“, sagt Silke Müller-Zimmermann. Im Bildungszentrum Weissacher Tal hat sie Upcycling im Unterricht angeboten und im Herbstprogramm der Volkshochschule Backnang gibt es gleich mehrere Kurse zu diesem Thema. An jedem zweiten Donnerstag im Monat treffen sich experimentierfreudige Näherinnen und Näher in der Schillerstraße 9 in Weissach zum offenen „Repair-Café Textil“. In der Backnanger Bar „Das Wohnzimmer“ bietet die Modedesignerin Claudia Fischer regelmäßig mittwochs eine „Nähstub“ an. Und so sagt Silke Müller-Zimmermann nach fast einem Klik-Projektjahr zufrieden: „Für uns geht es erst richtig los.“

Klik steht für Klimaschutz

Projekt
Klik ist die Abkürzung für „Klimafreundlich im Alltag CO2 einsparen“ und geht auf eine Initiative der Energieagentur und des Solarvereins Rems-Murr zurück. Das Ziel ist es, den Kohlendioxidausstoß innerhalb eines Jahres um 100 000 Kilogramm zu reduzieren, ohne dass die Projektteilnehmer deswegen im Dunkeln sitzen müssen.