Die Impfstoffhersteller Biontech/Pfizer wollen in den USA Ergänzungsimpfungen gegen Corona vorantreiben. Auch ein Impfstoff gegen die Delta-Variante wird von ihnen entwickelt. Die US-Genehmigungsbehörden reagierten zurückhaltend.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Die Corona-Impfstoffhersteller Biontech/Pfizer stellen als erste in den USA den Antrag zur Genehmigung einer so genannten Booster-Impfung. Bisher wird der Corona-Impfstoff in zwei Runden verabreicht, der dritte soll nun nach Angaben der Unternehmen die Immunantwort nach ersten, noch nicht veröffentlichten Studienergebnissen um das Fünf- bis Zehnfache steigern. Damit soll nicht nur einer möglicherweise im Laufe der Zeit schwindenden Immunität entgegengewirkt, sondern vor allem auch eine ungebrochene Wirksamkeit gegen Virusvarianten erreicht werden.

 

Studie zur Drittimpfung abgeschlossen

Eine entsprechende Studie mit Probanden wurde jetzt abgeschlossen und habe positive Ergebnisse zur Verträglichkeit erbracht, teilten die Unternehmen mit. Bei den innovativen, so genannten mRNA-Impfstoffen, die schon bei der bisherigen zweiten Dosis heftigere Nebenwirkungen haben als bei der ersten, war nämlich bisher unklar, ob eine dritte Dosis nicht zu einer zu intensiven , Antwort des Körpers führen würde. Man wolle den Antrag binnen weniger Wochen einreichen, hieß es bei den Unternehmen.

Zudem arbeiten Biontech und Pfizer auch an einem angepassten Impfstoff gegen die so genannte Delta-Variante, der allerdings noch nicht genehmigungsreif ist. Hier soll eine für die Genehmigung notwendige Versuchsreihe im August beginnen. Schon seit dem Aufkommen von Virusvarianten im Frühjahr ist aber geklärt, dass eine eventuelle Genehmigung in einem beschleunigten Verfahren sowohl in den USA als auch der EU möglich ist.

Die Entwicklung einer Delta-Version des Impfstoffes sei eine reine Vorsorgemaßnahme, sagten die Unternehmen in einer Mitteilung: „Wir glauben , dass eine dritte Dosis unseres vorhandenen Impfstoffes das Potenzial hat, den höchsten Impfschutz gegen alle heute bekannten Varianten zu gewähren, dennoch bleiben wir wachsam.“ Es gebe Hinweise aus Israel, wo die Impfkampagne schon früh begonnen hat, dass die Impfwirkung mit zwei Dosen nach einem halben Jahr nachzulassen beginne.

US-Genehmigungsbehörden vorsichtig

Die US-Genehmigungsbehörden reagierten in einer gemeinsamen Stellungnahme zurückhaltend auf die Ankündigung. „Amerikaner, die voll geimpft sind, brauchen zurzeit keine Booster-Impfung“, hieß es in einer unter anderem von der Seuchenschutzbehörde CDC unterzeichneten Mitteilung. Die Notwendigkeit müsse noch nach streng wissenschaftlichen Kriterien überprüft werden und man werde sich nicht allein auf die Daten der Impfstoffhersteller verlassen.

Die Produzenten haben nämlich ein enormes Interesse, bei Corona-Impfungen im Geschäft zu bleiben. Der Pfizer-Chef Albert Bourla hatte schon im Frühjahr vor dem Abschluss entsprechender Studien regelmäßige Nachimpfungen binnen sechs oder zwölf Monaten angekündigt. Unbestritten ist bisher lediglich, dass Menschen mit geschwächtem Immunsystem und ältere Geimpfte schon früher eine Auffrischung benötigen.

Großbritannien prescht vor

Großbritannien, das wie die USA und Israel schon früh mit dem Impfen begann, hat schon für diesen Herbst erste Drittimpfungen fest angekündigt. Ein entsprechendes, offizielles Antragsverfahren von Impfstoffherstellern hat dort aber noch nicht begonnen. In Deutschland ist die Lage noch unklar. Die für ein entsprechendes Impfschema verantwortliche Ständige Impfkommission (Stiko) hat bisher gesagt, dass man erst im Sommer belastbare Daten erwarte.

Kommerzielle Motive?

Umstritten ist eine dritte Impfrunde auch deshalb, weil es global immer noch einen Mangel an Impfstoffen gibt. Sie sei besorgt, dass hinter dieser Ankündigung ein Gewinnmotiv stecke, sagte kurz nach der Ankündigung in den USA die an der Universität San Francisco lehrende Virologin Monica Gandhi, dem „Wall Street Journal“. „Ich möchte Pfizer lieber ermuntern, mehr mRNA-Impfstoffe für die Welt zu produzieren, was die Möglichkeit von künftigen Varianten verringern würde,“ sagte sie.

Zwar können Impfstoffe mit der von Biontech und Pfizer verwendeten mRNA-Technologie relativ schnell an neue Versionen des Virus angepasst werden. Doch wirtschaftlich und epidemiologisch wäre es besser, wenn dritte Impfungen mit vorhandenen Impfstoffen schon eine ausreichende Immunantwort gegen ein relativ breites Spektrum an Varianten produzieren. Auch die mRNA-Hersteller sind nämlich bereits ein Stückweit überrollt worden. Als Anfang des Jahres sich die in Südafrika entstandene so genannte Beta-Variante verbreitete, begann etwa der Biontech-Konkurrent Moderna mit einem Anpassungsprogramm. Doch als die dazu nötigen Studien abgeschlossen wurden, stand mit der Virusvariante Delta schon ein neues Problem auf dem Plan.