Beim Integrationsverein Integra Filder finden Geflüchtete beim Gärtnern Anschluss und Austausch. Viele von ihnen hatten vorher keinerlei Erfahrungen mit Unkrautjäten oder Tomatenaufzucht.

Filderstadt - Es sind nur wenige Meter, die den heißen Beton der viel befahrenen Schulstraße in Plattenhardt vom Grün trennen. Hinter den Räumen des Vereins Integra Filder, der 2011 gegründet wurde und knapp 30 Mitglieder zählt, haben 20 bis 30 Geflüchtete, vornehmlich aus Syrien und dem Irak, seit 2017 einen Garten angelegt, der seitdem gehegt und gepflegt wird. „Als erstes haben wir die Bänke gebaut“, erinnert sich der Landschaftsarchitekt Peter Wirth aus Echterdingen. Inzwischen sei der Garten „ein grünes Zimmer ohne Decke“, findet er. Der 83-Jährige hat das Projekt für den Verein begleitet. Über seine Tochter habe er Kontakt zu Andrea Jelic bekommen. Die Grünen-Stadträtin ist Ethnologin und arbeitet für den Verein. Jelic habe ihn gefragt, ob er sich am Gartenprojekt beteiligen wolle. „Ich bin da so reingeraten“, sagt Wirth mit einem Schmunzeln.

 

Ganz einfach war es nicht, aus dem rund 200 Quadratmeter großen Grundstück einen vielseitigen Garten mit zwei Hochbeeten, Sitzgelegenheiten und einem festen Tisch zu machen. Denn unter dem Grundstück befindet sich eine Tiefgarage. Der Lüftungsschacht ist fast in der Mitte des Gartens und darf nicht verdeckt werden. Die Planer beschlossen, den Lüftungsschacht mit einem Tisch zu überbauen. So bleibt der Luftaustausch nach unten bestehen, ohne dass der Garten beeinträchtigt wird. „Jetzt kann man auch einmal etwas abstellen“, erklärt Wirth. Eine weitere Herausforderung war eine steile Böschung am Grundstücksrand. Diese wurde mit Vogelschutzgehölzen wie Holunder, Haselnuss und Kornelkirsche bepflanzt.

Sie haben in ihrer Heimat als Angestellte oder Händler gearbeitet

Die Gartenarbeiten hätten vor allem die Männer und Jungen erledigt, berichtet Brigitta Reiner aus Bonlanden. Die 57-Jährige ist angestellt bei dem Verein, zu dem sie über das gemeinsame Ethnologiestudium mit Andrea Jelic gefunden hat. Erfahrung mit Garten- oder Handwerksarbeit habe kaum jemand mitgebracht, so Reiner. Die Geflüchteten seien vor allem aus Städten gekommen und hätten in ihrer Heimat als Händler oder Angestellte gearbeitet.

Die Frauen hätten während den Arbeiten oft Speisen zubereitet. Die Erzeugnisse des Gartens wurden dabei freilich verarbeitet. Die Minze aus dem Kräutergarten finde sich beispielsweise in vielen arabischen Gerichten wieder, weiß Reiner. Aus den Früchten der Mirabellen wurden kürzlich zahlreiche Gläser Marmelade gekocht, die auf Märkten angeboten werden sollen. Der Erlös komme wiederum der Ausflugskasse des Vereins zugute.

In dem Garten ist sogar schon eine Hochzeit gefeiert worden

Beim Betreten des Gartens sticht neben den Hochbeeten, aus denen gigantische Sonnenblumen, grüne Tomaten und herrlich duftender Lavendel sprießen, sofort der liebevoll angelegte Kräutergarten mit seinen Rosmarinbüschen, Lorbeersträuchern und Salbeipflänzchen ins Auge. In Zusammenarbeit mit der nahen Kunstschule haben die Kinder aus den Familien der Geflüchteten Sandsteine bearbeitet und sie mit bunten Tiermotiven gestaltet. Eine flinke Eidechse, ein rot-schwarz gepunkteter Marienkäfer und eine pummelige Raupe sind darauf zu sehen.

Der Garten ist aber nicht allein ein Ort, an dem gearbeitet wird. Es seien dort auch schon eine Hochzeit und das islamische Opferfest gefeiert worden, erklärt die Ethnologin Reiner. Der Garten sei also auch ein Raum für soziale Anlässe. „Es ist ein sehr lebendiger Ort“, betont sie. Und er ist ein Ort des ständigen Wandels. So wie sich das Leben vieler Geflüchteten in Deutschland ständig verändert, verändert sich der Garten. Als nächstes soll ein Insektenhotel gebaut werden.