Um die Reform des Urheberrechts in der EU ist ein erbitterter Streit entflammt. Brüssel will Verleger auf Augenhöhe mit Internetgiganten wie Google bringen. Kritiker sehen jedoch die Freiheit im Internet bedroht.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)
Plant Brüssel eine Steuer auf Links?
Nein. Das Verlinken von Inhalten, sogenannte Hyperlinks, soll weiterhin für alle Akteure im Netz erlaubt sein. Private Nutzer sollen zudem auch künftig ganze Zeitungsartikel und andere urheberrechtlich geschützte Werke abbilden dürfen. Eine Steuer im Internet ist nicht geplant. Wörtlich heißt es in dem Vorschlag: Das Recht der Verleger, eine „faire und angemessene Entschädigung“ zu bekommen, soll die „legitime private und nicht kommerzielle Nutzung von Presseerzeugnissen durch individuelle Nutzer nicht verhindern“.
Wer soll für die Nutzung zahlen?
Digitale Plattformen und Suchmaschinenbetreiber sollen zahlen, wenn sie Artikel oder Auszüge aus Zeitungsartikeln auf ihre Seiten stellen. Es geht um Unternehmen, deren Geschäftsmodell es ist, über ihre Seiten Zugang zu Zeitungsartikeln Dritter oder Auszüge daraus zu gewähren und über das Schalten von Werbung auf ihren Seiten Einnahmen zu erzielen. Die Pläne sehen vor, dass sich die Betreiber der Suchmaschinen vor der Nutzung der journalistischen Inhalte die Genehmigung dafür einholen und für das Nutzungsrecht bezahlen müssen. Es geht um die Stärkung des Rechts am geistigen Eigentum. Der Plan dafür wird auch Leistungsschutz- oder Verlegerrecht genannt.
Wie soll es praktisch funktionieren?
Noch in seiner Funktion als Digitalkommissar hatte Günther Oettinger (CDU) vorgeschlagen, dass für eine Dauer von 20 Jahren nach der Erstveröffentlichung eines Artikels das Verwertungsrecht bei Verlegern und Autoren liegt. Gedacht ist daran, dass die Verlage sich zusammenschließen, um ein großes Gewicht in die Waagschale zu werfen und in Verhandlungen mit Google und Co. über eine Nutzungsgebühr einzutreten. Das EU-Parlament ringt noch um eine gemeinsame Position für die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten. Der Verhandlungsführer im Parlament, Axel Voss (CDU), will, dass nicht nur die Verlage, sondern auch die Autoren beteiligt werden. Er schlägt ein Verwertungsrecht von fünf Jahren vor.
Was wollen die Kritiker?
Die Piraten-Politikerin Julia Reda führt sie an. Sie spricht ungeachtet aller Richtigstellungen bis heute von einer drohenden Verlinkungssteuer (Link-Tax). Sie setzt statt eines umfassenden Urheberschutzes darauf, Verlagen dabei zu helfen, schneller Lizenzen mit digitalen Plattformen abzuschließen. Dafür ist eine „Vermutungsregel“ im Gespräch, nach der das Copyright in der Regel bei den Verlagen liegt. Das generelle Verwertungsrecht für Werke von Autoren im Internet wollen Reda und andere aber nicht den Verlagen zusprechen. Voss hält dagegen: „Ein Anspruch auf Vergütung auf der Basis von einer Vermutung kann leicht bestritten werden. Das ist nicht das Signal beim Copyright, das wir brauchen.“
Warum sollen Verlage gegenüber Google und Co. gestärkt werden?
Die EU sieht die freie Presse durch die digitalen Umwälzungen und die Geschäftsmodelle von Suchmaschinenbetreibern existenziell bedroht. Die Macht von Google, Facebook und Twitter gegenüber Verlagen und Nachrichtenagenturen habe schon zu einem beängstigenden Verlust der Medienvielfalt in der EU geführt. Voss geht es auch um die journalistische Qualität: „Europa ist bedroht durch immer mehr Falschinformationen, die in der digitalen Welt verbreitet werden.“
Droht eine Zensur im Internet?
Immer wieder heißt es, Brüssel plane eine Zensur-Maschine im Netz. Die Kritiker der Pläne argumentieren: Upload-Filter könnten dafür sorgen, dass künftig beliebten Diensten im Netz die Arbeitsgrundlage genommen werde wie Wikipedia, Dating- und Plattformen zum Tausch von Software. Von einer Zensur des Internets will Voss nichts wissen. „Der Vorwurf ist maßlos übertrieben. Wir wollen nur einige Spieler im Netz, die fortgesetzt geistigen Diebstahl begehen, zwingen, vor der Nutzung die Urheber zu fragen.“ Es gehe nur um wenige Plattformen im Netz, deren Geschäftsmodell darin bestehe, Nutzern Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken Dritter zu gewähren, ihnen die Möglichkeit zum Herunterladen der Inhalte und der Weiterverbreitung zu geben. Diese Unternehmen, etwa Youtube oder Facebook und Twitter, sollten verpflichtet werden, eine Software zu verwenden, die urheberrechtlich geschützte Werke erkennt und ihre illegale Nutzung unterbindet. Ziel ist, die Plattformen zu zwingen, Lizenzverträge zur Nutzung des geistigen Eigentums abzuschließen und Urheber an Werbeeinnahmen zu beteiligen. Die Erkennungssoftware, die bereits seit zehn Jahren im Einsatz ist, ist notwendig, um Klicks von Nutzern zu registrieren und so Künstler im Netz an der Vergütung zu beteiligen.