Mit oder ohne den umstrittenen Artikel 13? Heute stimmt das Europaparlament ab. In Berlin streiten sich die Politiker quer durch die Regierung, ob der Koalitionsvertrag in diesem Punkt noch gilt. Der ist eigentlich eindeutig.

Berlin - Das Wort „Upload-Filter“ findet sich im Entwurf der EU-Richtlinie, über den das Europaparlament an diesem Dienstag in Straßburg abstimmt, an keiner Stelle. Zuallererst soll die Urheberrechtsnovelle geistiges Eigentum auch im digitalen Zeitalter schützen und finanziell verwertbar machen. Kritiker sehen jedoch den 13. Artikel des Gesetzes als Gefahr, der Internetplattformen wie Youtube dafür verantwortlich macht, dass keine urheberrechtlich geschützten Inhalte hochgeladen werden. Die Betreiber, so die Argumentation, könnten dem Haftungsrisiko nur entgehen, wenn sie alle Uploads danach durchkämmen. Von Zensur ist die Rede.

 

Im Zulauf auf das Votum ist der politische Konflikt immer weiter eskaliert. Angesichts des Protests, der am Wochenende mit großen Demonstrationen in mehreren deutschen Großstädten seinen Höhepunkt erreichte, ist auch in den Parteien der Berliner Regierungskoalition einiges in Bewegung geraten. In der SPD, weil die federführende Bundesministerin Katarina Barley dem zwischen Europaparlamentsvertretern und EU-Ratsvorsitz ausgehandelten Kompromiss im Namen der Bundesregierung die Zustimmung erteilen musste. In der CDU, weil der Vorschlag für die Gesetzesnovelle vom einstigen Digitalkommissar Günther Oettinger stammt, der Parlamentsberichterstatter Axel Voss sie vorangetrieben und sich auf dem Kurznachrichtendienst Twitter der sehr erfolgreiche Slogan #NieWiederCDU etabliert hat.

Der Koalitionsvertrag ist eigentlich klar

Ursprünglich wollten beide Koalitionspartner dafür sorgen, dass Filter nicht nur unerwähnt bleiben, sondern ausdrücklich ausgeschlossen bleiben. Upload-Filter bezeichnet der Koalitionsvertrag als „unverhältnismäßig“. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Abkehr davon im Bundestag damit gerechtfertigt, dass die Regierung eine Lösung zusammen mit Frankreich gesucht habe: „Müssen wir am Ende bereit sein, ein Stück von unseren Positionen abzugeben, damit auch andere Kompromisse eingehen, oder sagen wir: ‚Nein, einmal niedergeschrieben, Koalitionsvereinbarung 2018, null Veränderung‘?“

Außerdem im Video: Artikel 13 und Uploadfilter – was bedeutet das eigentlich? Mit unserem Fakten-Video können Sie mitreden.

Die deutschen Sozialdemokraten haben sich auf ihrem Europakonvent am Wochenende nun trotzdem eindeutig gegen Artikel 13 positioniert. Die Vergütung kreativer Inhalte dürfe, so heißt es im Beschluss, „nicht auf Kosten von Freiheitsrechten erfolgen. Wir wollen Upload-Filter verhindern.“ Stattdessen soll es „die Einführung von Bezahlmodellen“ richten: „Auch die Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, sich in diesem Sinne einzusetzen.“ Jens Zimmermann, der digitalpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, räumt ein, dass dieser Beschluss für Ministerin Barley „kommunikativ natürlich ein bisschen schwierig ist“ – sie habe aber schon zuvor regierungsintern Ausnahmen und Verbesserungen durchgesetzt.

Bei der CDU ist Feuer unter dem Dach

Richtig Feuer unter dem Dach ist bei der CDU, nachdem sich am Wochenende Berliner Digitalpolitiker der Union auf Twitter über Daniel Caspary beschwert hatten. Der Vorsitzende der deutschen CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament hatte unter Verweis auf einen „FAZ“-Bericht in einem Interview gesagt, es werde „offensichtlich versucht, auch mit gekauften Demonstranten die Verabschiedung des Urheberrechts zu verhindern“. Sowohl der Essener Matthias Hauer als auch Ronja Kemmer widersprachen öffentlich. „Wir können auch innerhalb der CDU unterschiedlicher Meinung sein“, so die Ulmerin in Richtung des Karlsruher Caspary, „aber wir sollten der Gegenseite mit Respekt begegnen und die ohnehin schon hitzige Debatte zu den Upload-Filtern nicht noch weiter anheizen.“ Hauer wiederum würde sich „wünschen, dass das Europaparlament die Reform vor allem wegen Artikel 13 ablehnt“. Falls es nicht so kommt, hat die deutsche CDU beschlossen, in der nationalen Umsetzung Alternativen zu Upload-Filtern vorzusehen.

Caspary will – wie auch sein Fraktionschef Manfred Weber – bei der Abstimmung am Dienstag „keine Änderungsanträge einbringen und für noch mehr Verwirrung sorgen“. Der vorliegende Kompromiss wolle doch, dass Künstler etwa über Lizenzvereinbarungen auch im Netz Geld verdienen könnten: „Wer jetzt sagt, dass dafür möglicherweise auch gefiltert werden muss, übersieht absichtlich, dass beispielsweise Youtube schon längst Filter einsetzt.“