„Stopp ACTA, stopp ACTA“: Mit diesem "Schlachtruf" sind am Samstag 5000 Demonstranten durch Stuttgart gezogen, um gegen das Abkommen zu protestieren.
Stuttgart - Nils Bühler ist extra aus dem Schwarzwald in die Landeshauptstadt gekommen. Der 19-Jährige aus der Nähe von Freudenstadt, der wie viele andere am Samstagnachmittag vor dem Friedrichsbau eine der charakteristischen Guy- Fawkes-Masken trug, ist gar nicht damit einverstanden, dass auf dem Wege des Urheberrechtsschutzes „die Meinungsfreiheit beschnitten wird“, sagt Bühler. Denn nichts anderes ist für ihn das sogenannte Acta-Abkommen, gegen das er wie tausend andere auf die Straße gegangen ist. Um die eigentlichen Urheber gehe es bei dem Abkommen doch gar nicht, ist Nils Bühler überzeugt. „Die haben doch gar nichts davon, nur die, die die Rechte gekauft haben.“
Wann kommt das schon mal vor, dass die Schätzungen von Polizei und Veranstaltern bei Protesten in Stuttgart auf diese Weise und so weit auseinanderliegen. „Vor zwei Jahren waren wir noch 50 Leute, jetzt sind wir weit über 2000“, schätzte Martin Eitzenberger von der Stuttgarter Piratenpartei mit großer Zufriedenheit am Mikrofon die Zahl der Teilnehmer bei der Kundgebung am Friedrichsbau. Als die Demonstration schließlich in einem langen Zug durch die Stadt gezogen war, gab die Polizei die Teilnehmerzahl mit „über 5000“ an.
"Geheimverhandlungen"
„Stopp Acta, stopp Acta“ skandierten die größtenteils jungen Teilnehmer immer wieder lautstark. Dabei sind sie nicht nur gegen das Abkommen selbst, das Ende Januar von der EU und 22 ihrer Mitglieder unterzeichnet worden ist. Auch dass dieses von der Öffentlichkeit kaum bemerkt verhandelt worden ist, stößt auf Ablehnung. „Geheimverhandlungen – das ist 19. Jahrhundert“, kritisierte Martin Eitzenberger unter dem großen Beifall der zahlreichen Kundgebungsteilnehmer.
Dass die Bundesregierung das Abkommen wie Polen nun erst einmal nicht unterzeichnet hat, findet zwar den Beifall der Gegner, sie betrachten dies aber als Bestätigung und als Ansporn, Acta noch ganz kippen zu können. Das Abkommen sei in Deutschland nur „vorerst“ gestoppt, rief Eva Horn, die Sprecherin Netzpolitik der Landesgrünen, in die Menge. „Reicht euch das?“, wollte sie wissen. Erwartungsgemäß schallte ihr ein lautes „Nein“ entgegen.
Kapitalisten geschützt
Daniel Behrens von der Linksjugend im Land sieht in dem Abkommen nicht nur einen Eingriff in die Freitheitsrechte der Netznutzer, er sieht darin eine Kriegserklärung der „Regierung und ihrer Schnüffelapparate“. Geschütz werden solle damit nur „das Recht der Kapitalisten“.
Sebastian Staudenmaier aus Schwäbisch Gmünd, der die Veranstaltung für die Piratenpartei auf Facebook bekannt gemacht hat, wunderte sich nicht über den großen Zuspruch. Mit seinem Laptop stand am Königsbau, wo der Demonstrationszug vorbeidefilierte. „Auf Facebook hatten wir 7429 Zusagen“, sagte Staudenmaier. „Wer netzaffin ist“, ist seine Erklärung, „der interessiert sich für das Thema und will etwas gegen Acta tun“. Deshalb sei das Moililierungspotenzial auch so groß. Schließlich sei das Internet für viele junge Leute mehr als nur ein Kommunikationsmittel.