Im Spanien steigt die Zahl der Corona-Infektionen wieder. Trotzdem wird man hier vermutlich in diesem Sommer entspannt Urlaub machen können. Woran das liegt.

Korrespondenten: Martin Dahms (mda)

Madrid - Halb Deutschland will auf die Insel“, schreibt die Mallorca-Zeitung am Donnerstagabend. Die Insel: Das ist natürlich Mallorca, ein Katzensprung von Deutschland entfernt. Die Lufthansa schickt jetzt von Frankfurt Jumbojets und von München die großen A 350 dorthin, weil eben halb Deutschland auf die Insel will. Die Reiselust überwiegt die Reisebedenken.

 

Ganz zurecht wahrscheinlich. „In unseren Krankenhäusern herrscht Ruhe“, sagt Francina Armengol. Die Balearenpräsidentin gehörte monatelang zu den ausgesprochen vorsichtigen Regionalpolitikern in Spanien, die Beschränkungen waren hier lange Zeit schärfer als im Rest des Landes. Aber jetzt ist mal gut, findet Armengol.

Lesen Sie aus dem Plus-Angebot: Schüler rebellieren gegen Quarantäne auf Mallorca

Die Ansteckung junger Leute sorge zurzeit – auf den Balearen und in ganz Spanien – für eine steigende Inzidenz. „Sind deswegen die Krankenhäuser überfüllt?“, fragte sich die sozialistische Regionalpräsidentin am Donnerstag. „Nicht im Geringsten.“ Ein Blick auf die Zahlen der vergangenen zwei Wochen bestätigt ihren Eindruck: Die gesamtspanische Sieben-Tage-Inzidenz ist seit ihrem Tiefststand am Montag vergangener Woche bis zu diesem Donnerstag von 42,13 auf 82,35 geklettert, die der Balearen von 19,8 auf 80,75. Das ist keine schöne Entwicklung. Wer die Pandemiewellen an der Inzidenz bemisst, stellt fest: Spanien erlebt gerade den Beginn der fünften Welle.

Mehr Infizierte, aber viel weniger Patienten im Krankenhaus

Weil sich in den vergangenen zwei Wochen aber vor allem junge Leute angesteckt haben, denen das Virus gewöhnlich weniger antut als älteren, leeren sich zugleich die spanischen Krankenhäuser von Covid-Patienten. Am vergangenen Wochenende gab es einen kleinen Hügel, aber die Tendenz ist soweit eindeutig: Am Freitag vor zwei Wochen lagen noch 2856 Covid-Patienten in einem Krankenhausbett, 793 davon auf der Intensivstation. An diesem Donnerstag waren es 2357 Patienten, davon 584 in der Intensivpflege: Somit sind gut 1,9 Prozent sämtlicher Betten und knapp 6,4 Prozent der Intensivbetten mit Covid-Patienten belegt. Spaniens Gesundheitssystem ist sehr weit weg vom Kollaps, so wie es ihn im Frühjahr vergangenen Jahres erlebte.

Lesen Sie aus dem Plusangebot: Die Massen sollen wieder kommen

Die Tendenz kann sich natürlich wieder ändern und wird es wahrscheinlich auch: wegen der Reiselust der Europäer, wegen der Feierlust der Jungen und wegen der Ausbreitung der Delta-Variante, die nach den jüngsten verfügbaren Zahlen des spanischen Gesundheitsministeriums in der ersten Juniwoche 2,7 Prozent der Fälle ausmachte, seitdem aber sicher deutlich zugelegt hat, so wie im Rest der Welt.

Impfkampagne in Spanien geht zügig voran

Nun sind aber zugleich 37,9 Prozent der Spanier komplett geimpft und weitere 16,1 Prozent mindestens einmal, während die Impfkampagne zugleich zügig und bestens organisiert voranschreitet – nach bösen Anlaufschwierigkeiten zu Beginn des Jahres. Unter den Älteren sind nur die 60- bis 69-Jährigen noch nicht vollständig durchgeimpft, weil sie zwar früh eine erste Astrazeneca-Dosis erhielten, auf die zweite jedoch verhältnismäßig lange warten müssen.

Niemand kann in die Zukunft schauen, aber zurzeit sieht es ganz danach aus, als ob man dieses Jahr in Spanien – mit derselben Vorsicht wie zuhause – recht entspannt Urlaub machen könnte.