20 Jahre lang hat Ursula Bauer das Elisabeth-Selbert-Gymnasium in Filderstadt-Bernhausen geleitet, nun ist sie im Ruhestand. Der kam zwei Jahre später als ursprünglich geplant.

Filderstadt - Die Schränke sind schon so gut wie leer. Ein paar weiße Orchideen schmücken noch das Fensterbrett, Figuren stehen auf dem Schreibtisch. Ansonsten ist nicht mehr viel übrig von 20 Jahren Arbeitsleben, die Ursula Bauer in diesem Büro verbracht hat. Die Rektorin des Elisabeth-Selbert-Gymnasiums in Bernhausen wird dieser Tage noch letzte Kleinigkeiten erledigen, Gespräche führen und die Übergabe vorbereiten, dann tritt sie endgültig ihren Ruhestand an.

 

Für sie und die Schule endet damit ein prägnanter Zeitabschnitt. Ein bisschen Nostalgie bleibt da nicht aus. Beim Ausmisten hat Ursula Bauer alte Unterlagen durchgeblättert. Das Protokoll ihrer ersten Dienstbesprechung fiel ihr in die Hände, da war sie gerade frisch vom Landesinstitut für Erziehung und Unterricht ans ESG gekommen. Bei der Sitzung habe sie sogleich durchgesetzt, dass nicht mehr der jüngste Kollege grundsätzlich das Protokoll führen muss. Zuvor war demselben Lehrer sieben Jahre lang diese Aufgabe zugefallen. „Er war mir sehr dankbar“, sagt sie und lacht. Freilich ist das nicht die einzige Neuerung, die Ursula Bauer in zwei Jahrzehnten aufs Gleis gesetzt hat. Direkt zu Beginn der 2000er Jahre ging es turbulent los: mit einem Mixmodell aus G8 und G9 sowie dem Aufbau des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums in Sielmingen. Ob Digitalisierung, Bildungspartnerschaften, Ganztag, Elternbeteiligung, Zertifizierung als Weltethos-, Fairtrade-Schule oder ganz frisch als Partnerschule für Europa, aber auch die Umbenennung der Schule von Eduard-Spranger-Gymnasium in Elisabeth-Selbert-Gymnasium: Veränderungen habe sie stets gern mitgetragen, „das war mein Ding“. Schule sei eben mehr als nur Bildungsplanarbeit.

„Filderstadt ist meine Heimat“

Wenn Ursula Bauer über ihre Zeit als Rektorin spricht, schwingt Stolz mit. Gebürtig stammt sie aus Schwäbisch Hall, seit 1975 lebt sie in Harthausen. „Ich bin hier gern. Filderstadt ist meine Heimat“, sagt sie. „Das ESG ist meine Heimat“, schiebt sie nach. Umso bedauerlicher, dass die große schulinterne Verabschiedung coronabedingt entfallen musste. Dennoch erzählt Bauer von einem „unglaublich schönen Abschluss“. Sie habe sich an den letzten drei Schultagen von allen 100 Lehrern, aber auch den 1250 Schülern verabschiedet – Klasse für Klasse. „Ich habe mich auf die Socken gemacht“, und dabei sei sie mit Briefen und Geschenken, mit Theater, Gedichten und Liedern empfangen worden. „Das war so was von liebevoll.“ Bis heute habe sie es nicht geschafft, alles auszupacken und zu lesen, doch „es zeigt, dass das, was mir wichtig ist, nämlich jeden Schüler als Individuum anzusehen, angekommen ist. Aber dass diese Empathie in diesem Umfang zurückkommt, hätte ich nicht erwartet.“

Es gibt nach wie vor keinen Nachfolger

Ursula Bauers Büro wird erst einmal leer bleiben. Die Position des Rektors konnte bislang nicht besetzt werden. Der Stellvertreter Thomas Böttner wird die Geschäfte zunächst für ein Jahr übernehmen. Ursula Bauer ist heute 67. Eigentlich hätte sie sich schon vor zwei Jahren vom ESG verabschieden wollen. Schon damals war aber kein Nachfolger in Sicht gewesen.

Nun jedoch warten andere Dinge auf die Oberstudiendirektorin. Die beiden Enkelinnen, fünf Jahre und sechs Monate alt, freuen sich auf die Oma. „Wir bauen Lego wie die Weltmeister“, sagt sie und lächelt in sich hinein. Kunst und Kultur gehören ebenso zu ihren Leidenschaften, außerdem geht sie Laufen und macht Fitnesssport. Die geplante Reise nach Kanada und Südafrika ist wegen Corona gestrichen, dafür stehen in diesem Sommer noch Städte- und Kulturtrips nach Basel, Mannheim und Karlsruhe an. Und ein offizieller Festakt in der Filharmonie ist auch noch für Ende September anberaumt. „Mir wird bestimmt nicht langweilig“, sagt Ursula Bauer. „Aber mir wird viel fehlen.“