Der Bundesfinanzhof hat Klagen über die Rechtmäßigkeit des Solidaritätszuschlags abgewiesen. Jetzt soll Karlsruhe entscheiden.

Stuttgart - Aus Sicht des höchsten deutschen Finanzgerichts verstößt der Solidaritätszuschlag nicht gegen das Grundgesetz. Der Bundesfinanzhof wies zwei Klagen ab, die den Zuschlag für verfassungswidrig erachten. Die Klägerin Dorothee Böttges-Papendorf, eine Steuerberaterin, gibt sich aber nicht geschlagen. Sie geht weiter zum Bundesverfassungsgericht.

 

Allerdings hat sich Karlsruhe erst kürzlich mit dem Soli befasst und ihn in einem Beschluss vom 8. September 2010 keineswegs verworfen - im Gegenteil. Der Zweite Senat wies einen Antrag des Niedersächsischen Finanzgerichts als unzulässig zurück. Dieses Gericht war zu der Überzeugung gelangt, dass der Zuschlag verfassungswidrig sei. Er stelle eine Ergänzungsabgabe dar, die nur ein nachrangiges, zeitlich befristetes Finanzierungsmittel des Staates sein könne. Ein Zuschlag, der seit mehr als zehn Jahren erhoben werde, entspreche diesem Charakter aber nicht mehr. Der Bitte des niedersächsischen Gerichts, die Verfassungsmäßigkeit des Solis zu prüfen, kam Karlsruhe jedoch nicht nach. Der Grund: eine zeitliche Befristung zähle nicht zum Wesen der Ergänzungsabgabe. Das habe das Verfassungsgericht schon 1972 entschieden.

Den Solidaritätszuschlag gibt es seit 21 Jahren

Wer sich also daran stört, dass es im Jahr 21 nach der deutschen Einheit noch immer den Solidaritätszuschlag gibt, kann nicht darauf setzen, dass Karlsruhe ihn aus diesem Grund kippt. Dabei hatte die schwarz-gelbe Regierung von Kanzler Kohl in den neunziger Jahren durchaus den Eindruck erweckt, als gehe es beim Soli um ein befristetes und zweckgebundenes Mittel. Von der Gerichtsentscheidung des Jahres 1972 - Abgaben können auch auf Dauer erhoben werden - war bei der Schaffung des Solis jedenfalls nicht die Rede. Der Zuschlag kommt auch nicht direkt den neuen Ländern zugute. Er fließt in den Steuersäckel des Bundesfinanzministers. Damit verschafft sich der Bund eine Refinanzierung für die Beträge, die er im Zuge der beiden Solidarpakte zum Aufbau Ost bereitstellt. Allerdings werden aus dem Säckel auch alle Ausgaben des Bundes bestritten - beispielsweise der Einsatz in Afghanistan.

Zu Zeiten der Regierung Kohl drang vor allem die FDP auf Korrekturen. Hatte der Soli zunächst 7,5 Prozent auf die Einkommen- und Körperschaftsteuerschuld betragen, wurde er 1993 und 1994 ausgesetzt und 1995 wieder mit dem Satz von 7,5 Prozent erhoben. Auf Druck der FDP sank er 1998 auf den Wert von 5,5 Prozent, den er trotz der eindeutigen Fortschritte beim Aufbau in den neuen Ländern seither unverändert hat. Seit 1998 verschaffte er dem Bund damit Einnahmen von mehr als 140 Milliarden Euro.

Spätestens 2019 ist die Frage zu klären, ob er beibehalten werden soll. Denn in diesem Jahr läuft der Solidarpakt Ost aus - also die Hilfen für die neuen Länder, mit denen der Soli begründet wird.