Urteil im Fall von Gäufelden Bewährungsstrafe für Attacke mit Auto

Für einen 18-Jährigen aus Gäufelden ist mit dem Urteil des Landgerichts eine ungewisse Zeit zu Ende gegangen. Foto: /Lichtgut/Ferdinando Iannone

Der Prozess wegen versuchten Mordes geht für einen 18-Jährigen aus Gäufelden aus wie erhofft. Auf das Gericht wirkte er positiv.

Ein kollektives Durchatmen war im Saal des Stuttgarter Landgerichts zu vernehmen, als der Vorsitzende Richter Hans-Peter Schöttler das Urteil im Prozess wegen versuchten Mordes gegen den 18-jährigen Angeklagten aus Öschelbronn verkündete: zwei Jahre auf Bewährung wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr.

 

Damit bleibt dem 18-Jährigen eine Gefängnisstrafe erspart, sofern er die Bewährungsauflagen – unter anderem 100 Stunden gemeinnützige Arbeit – erfüllt. Mit dem Urteil entsprach das Gericht dem Antrag von Verteidigerin Anja Riethmüller, die eine bewährungsfähige Strafe gefordert hatte. Staatsanwalt Fabian Jebens hatte auf eine Jugendstrafe von drei Jahren und zehn Monaten wegen versuchten Mordes plädiert.

Eskalation auf dem Heimweg

Im Grunde unproblematisch war der Sachverhalt, den der Angeklagte bereits am ersten Prozesstag vom äußeren Rahmen her eingeräumt hatte. Er war am 21. März dieses Jahres in einer emotional schwierigen Situation, da seine Freundin am Morgen via Handy mit ihm Schluss gemacht hatte. Den Tag über war er mit seinem Bruder am Bodensee, auf dem Heimweg fuhr er am Abend mit seiner A-Klasse durch den Kirschenrain in Gäufelden-Öschelbronn – schneller als in der Tempo 30-Zone erlaubt.

Dort trat ein 63-jähriger Anwohner auf die Straße, der durch eine Kamera im Haus auf einen Marder aufmerksam geworden war, der ihm schon öfter Schläuche an seinem vor dem Haus stehenden Wohnmobil zerbissen hatte. Als der Mann mit erhobenen Armen gestikulierte, stieg der Bruder des 18-Jährigen aus und lieferte sich mit dem Mann einen verbalen Streit, an dessen Ende er ihn zu Boden stieß. Anschließend stiegen beide wieder ins Auto ein.

Für den 63-Jährigen war der Zwischenfall damit abgeschlossen. Er stand auf und wollte seine Schuhe von der Straße aufsammeln, die er beim Sturz verloren hatte. Entsprechend überrascht war er, als der 18-Jährige nach einem Wendemanöver an einem Kreisverkehr zurückkam und auf ihn zu fuhr – zum Teil auf dem Gehweg. Der 63-Jährige musste zur Seite springen, sonst wäre er womöglich von der vorderen linken Autoseite erfasst worden oder nur um wenige Zentimeter verfehlt.

Das Ausweichmanöver war entscheidend

„Es bestand die Möglichkeit einer Kollision, die Situation war bei dieser extrem riskanten Fahrweise für den Angeklagten nicht mehr beherrschbar“, sagte der Vorsitzende Richter. Der 18-Jährige habe das Ziel gehabt, den 63-Jährigen zu verletzen und habe sogar tödliche Verletzungen in Kauf genommen.

Nachdem die durch den Krach alarmierte Ehefrau ebenfalls aus dem Haus gekommen war, fuhr der Angeklagte nach einem weiteren Wendemanöver noch einmal auf beide zu. „Er wollte dem Mann einen Denkzettel verpassen“, führte Schöttler weiter aus. Der 18-Jährige fuhr erneut auf dem Gehweg, lenkte dann jedoch in Richtung Straße zurück – und dies, bevor der 63-Jährige eine Kamera auf das Auto warf, die er statt einer Taschenlampe beim eiligen Hinausgehen erwischt hatte.

Dieses freiwillige Ausweichmanöver bewertete das Gericht als Rücktritt vom versuchten Mord, sodass nur noch ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr in zwei Fällen übrig blieb – gegen den 63-Jährigen und seine Frau.

Ein Rat vom Richter zum Abschluss

Dass die Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann, stand für die 4. Große Strafkammer außer Zweifel: Der 18-Jährige habe eindrücklich geschildert, wie sehr ihn die Untersuchungshaft beeindruckt habe. Er habe vor Gericht einen guten Eindruck gemacht und setzte seine Ausbildung fort, obwohl er derzeit nicht Auto fahren dürfe – und auch zwei weitere Jahre nicht darf, da ihm das Gericht für diesen Zeitraum den Führerschein entzog.

Am Ende gab der Vorsitzende Richter dem 18-Jährigen noch einen Rat mit auf den Weg: Er solle den Verlust seiner Mutter, die vor zwölf Jahren gestorben ist, therapeutisch aufarbeiten. „Das Ursprungsproblem in diesem Fall war nämlich, dass sie das Thema Trennung von der Freundin emotional viel zu hoch gehängt haben“, sagte Richter Schöttler.

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