Auch wenn ihm kein Beitrag zum Terror in Paris nachgewiesen wurde: das Landgericht sieht eine große kriminelle Energie beim 25 Jahre alten Hauptangeklagten im sogenannten Darknet-Prozess. Seine Strafe: Zweieinhalb Jahre Haft.

Stuttgart - Einen Beitrag zum Terror in Paris konnte das Landgericht einem 25-jährigen illegalen Waffenhändler aus Magstadt zwar nicht nachweisen, doch aus der von ihm erhofften Bewährungsstrafe wurde trotzdem nichts: Weil er illegal Schusswaffen hergestellt und über einen anonymen Bereich des Internets, das Darknet, verkauft hat, ist ein 25-Jähriger am Donnerstag zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Sein 28-jähriger Cousin kam wegen Beihilfe mit anderthalb Jahren Haft auf Bewährung davon.

 

Die Kammer würdigte, dass der Hauptangeklagte von Anfang an geständig war. Der Werkzeugmacher hatte eingeräumt, dass er von September bis November 2015 gewerbsmäßig im Keller seiner Großmutter in Sindelfingen Schreckschusswaffen in scharfe Waffen umgebaut und zwölf seiner Produkte über das „dunkle Netz“ für bis zu 1250 Euro jeweils verkauft hat.

Richterin sieht hohe kriminelle Energie

Wegen „der großen kriminellen Energie“ sei bei ihm keine Bewährungsstrafe in Betracht gekommen, sagte die Vorsitzende Richterin Manuela Haußmann. „Es war zu professionell und zu hartnäckig, was Sie gemacht haben.“ Er habe eine Werkstatt eingerichtet, das anonyme Darknet für seine Geschäfte genutzt, verschlüsselt kommuniziert, ein Firmenlogo entwickelt und sich kopierte Ausweise besorgt. „Sie haben mitbekommen, was in Paris passiert ist. Aber statt daraufhin Ihr Geschäft einzustellen, überlegen Sie, was Sie tun können, damit die Polizei Ihnen nicht auf die Schliche kommt“, sagte Haußmann. Nicht einmal als er sich mit seinem schussfähigen Kugelschreiber selbst ins Bein schoss, habe ihn das gestoppt. Vielmehr habe er mit einem weiteren Beteiligten, gegen den noch ermittelt wird, große Pläne geschmiedet: Nach der ersten verdienten Million wollte man die Produktion nach China verlegen, so Haußmann. Zwar habe sich der Verdacht eines Zusammenhangs mit den Anschlägen in Paris vom November 2015 nicht erhärtet. Wie nah der Angeklagte aber an der Herstellung von Kriegswaffen und Sprengstoff war, bleibe ungeklärt. Hinweise auf entsprechende Pläne gebe es.

Ein Abnehmer war 17 Jahre alt

Was Handel über das Darknet bedeutet, wurde schon im Plädoyer der Staatsanwältin deutlich, die dreieinhalb Jahre Haft für den 25-Jährigen gefordert hatte. Er habe seine Kunden überhaupt nicht gekannt, sagte sie. Eine Waffe sei an einen mehrfach vorbestraften Mann geliefert worden, sie wurde geladen in dessen Bett gefunden. Ein weiterer Abnehmer habe Kontakte zur Islamistenszene, ein anderer war gerade mal 17 Jahre alt. In dessen Paket habe der Angeklagte als Dreingabe sogar noch ein paar Patronen gelegt.

Letztlich konnten aber die meisten Waffen sichergestellt werden. Beide Täter zeigten sich reumütig und baten im Schlusswort um Entschuldigung. Dem Hauptangeklagten half, dass der mutmaßliche Mittäter, gegen den ermittelt wird, noch auf freiem Fuß ist. Mit Blick darauf hob die Kammer den Haftbefehl gegen den 25-Jährigen zunächst auf. Er kann sich frei bewegen, bis er die Aufforderung zum Strafantritt bekommt. Als sogenannter „Selbststeller“ könne er in der Haft Vorteile haben. So sei etwa ein schnellerer Übergang in den offenen Vollzug denkbar, sagte sein Anwalt.