Das Landgericht Stuttgart hat einen Brandstifter wegen versuchten Mordes verurteilt. Der junge Mann hatte im März ein Feuer in der von ihm bewohnten Asylunterkunft gelegt – aus Wut und Frust über seine Situation.

Leserredaktion : Kathrin Zinser (zin)

Urbach/Stuttgart - Der junge Mann, der im vergangenen März ein Feuer in einer Urbacher Asylunterkunft gelegt hat, in der er selbst wohnte, muss acht Jahre ins Gefängnis. Das Stuttgarter Landgericht hat ihn am Mittwoch verurteilt – wegen versuchten Mordes in 24 Fällen in Tateinheit mit schwerer Brandstiftung und gefährlicher Körperverletzung.

 

In ihrer Urteilsbegründung sah es die Vorsitzende Richterin als erwiesen an, dass der Angeklagte die Unterkunft aus Wut und Frust über seine Situation absichtlich zerstören wollte und dabei den möglichen Tod der 24 Menschen, die sich zur Tatzeit dort aufhielten, billigend in Kauf nahm. Dafür spreche unter anderem, dass er nach der Tat im Freien vor der Unterkunft gestanden und nahezu emotionslos beobachtet habe, wie die Flammen aus dem offenen Fenster seines Zimmers schlugen. „Besonders perfide: Er hat das Feuer und den Einsatz der Rettungskräfte auch noch mit seinem Handy gefilmt“, so die Richterin.

Der Angeklagte zeigte keine Emotionen

Der Angeklagte hatte gegenüber der Polizei sofort eingeräumt, dass er den Brand verursacht hatte. Allerdings behauptete er, er habe sich umbringen wollen und deshalb seine Jacke angezündet. Als diese Feuer fing, habe er sie sich vom Leib gerissen und auf die Matratze geworfen. Nachdem die Flammen erstickt waren, habe er sein Zimmer verlassen und sei ins Freie gegangen, weil ihm schlecht geworden sei.

„Das glauben wir ihm nicht“, betonte die Richterin. Denn der 23-Jährige hatte die Löschversuche der übrigen Bewohner zunächst verhindert, indem er den Schlüssel zu seinem abgeschlossenen Zimmer nicht herausgeben wollte. „Als er von außen die Flammen sah, hat er den Zeugen zufolge keine Überraschung, kein Entsetzen gezeigt. Er hat nicht gefragt, ob Menschen verletzt wurden.“ Auch die Einschätzung eines Brandsachverständigen hatte gegen die Aussage des Angeklagten gesprochen: Er schloss einen Schwelbrand aus.

Trotz Alkohol voll schuldfähig

Obwohl der Angeklagte vor der Tat eine Flasche Wein konsumiert hatte, gingen die Richter nicht davon aus, dass seine Steuerungsfähigkeit stark beeinträchtigt gewesen war: Laut Zeugenaussagen hatte es keine Anzeichen für einen Rausch gegeben. Der zur Tatzeit 22-Jährige sei daher voll schuldfähig. „Ihm war bewusst, dass er die Unterkunft durch das Feuer zerstörten würde und dass sich Menschen dort aufhielten, von denen einige schon schliefen“, sagte die Vorsitzende Richterin.

Tatsächlich hatte einer der anderen Bewohner der Asylunterkunft mehrere Menschen geweckt und ins Freie gebracht. Er zog sich dabei eine Rauchgasvergiftung zu. Alle anderen blieben unverletzt. Der finanzielle Schaden war indes immens: Die Unterkunft ist laut der Richterin irreparabel beschädigt, allein der Gebäudeschaden beläuft sich auf rund 280 000 Euro.

Dass die anderen Bewohner, die ebenfalls schwierige Lebensumstände hätten, folglich in eine andere Unterkunft umziehen mussten und durch den Brand all ihr Hab und Gut verloren hätten, sei dem Angeklagten „komplett egal“ gewesen. Insofern, so die Vorsitzende Richterin, hätte sich das Gericht bezüglich des Strafmaßes durchaus noch stärker an die von der Staatsanwaltschaft geforderten zehn Jahre Haft annähern können. Letztlich habe dann aber vor allem das junge Alter des Beschuldigten den Ausschlag für das geringere Strafmaß von acht Jahren gegeben.