Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat erneut über Gehälter für Beamte geurteilt – nur dieses Mal ganz anders als zuvor.

Karlsruhe - Das Bundesverfassungsgericht hat vor wenigen Tagen entschieden, dass jeder deutsche Professor deutlich mehr als 4000 Euro im Monat verdienen muss. So wolle es das Grundgesetz. Denn jeder Beamte habe Anspruch auf Gleichbehandlung und „amtsangemessene Alimentation“. Der Gesetzgeber hatte vergeblich argumentiert, nur durch eine Differenzierung der Professorengehälter könne man noch im internationalen Wettbewerb um Spitzenkräfte bestehen. Und er wollte so auch die für die Republik nicht ganz unwichtige flächendeckende Ausbildung Hochqualifizierter sicherstellen.

 

Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht über beamtete Servicedienstleister der Telekom geurteilt – und zwar genau entgegengesetzt. Den einst bei der Bundespost beschäftigten Beamten durfte 2004 bei der Privatisierung der Post ein Teil ihres Einkommens weggenommen werden. Es geht um einen überschaubaren Betrag, um die Streichung, bei den Telekom-Mitarbeitern nur um die Kürzung des Weihnachtsgeldes. Anderen, die keine Beamte sind, ist seitdem mehr weggenommen worden.

Geklagt hatten drei Postbeamte, die, weil es für sie in der durchrationalisierten neuen Telekom-Welt keine andere Beschäftigung mehr gab, in die konzerneigene Personalserviceagentur Vivento abgeschoben worden waren. Die Mitarbeiter dort arbeiten faktisch so ähnlich wie Leiharbeiter in der freien Wirtschaft. Man könnte auch sagen, dass sie, gemessen an den  traditionellen Beamtenstandards, gemobbt worden sind. Sehr viele von ihnen arbeiten in Callcentern, viele durften auch als Berater Hartz-IV-Empfänger quälen.

Die Begründung der Richter ist bemerkenswert

Bemerkenswert ist die Begründung der Richter, die doch eben, bei den Professoren, eine Abwägung zwischen politischen Sachzwängen und den „hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums“ nicht zulassen wollten. Bei Briefträgern klingt das anders: Es gehe um die „Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Postnachfolgeunternehmen“. Die sei gefährdet, weil die Nachfolgefirmen der Bundespost, anders als ihre Konkurrenten „Bundesbeamte in Diensten“ haben“ – aus dem Zusammenhang wird klar: als Klotz am Bein. Im Professoren-Urteil hatten dieselben Richter noch argumentiert: Schon das Ansehen des Beamtentums mit seinen überdurchschnittlich qualifizierten Kräften erfordere eine entsprechende Bezahlung.

Der Gesetzgeber, so die Richter weiter, habe bei diesen Beamten schon deshalb das Geld kürzen dürfen, weil er Sorge tragen müsse, dass „flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen“ bei der Telekommunikation angeboten und eine „Unterversorgung der Bevölkerung“ vermieden werde. Bei den Professoren, die auch eine für die Allgemeinheit wichtige Dienstleistung erbringen, war davon nicht die Rede. (Aktenzeichen: 2 BvL 4/09)

Nun muss man zugeben, dass die Vivento-Beamten deutlich kürzer, nur 34 Wochenstunden arbeiten. Weniger Geld für weniger Arbeit, das klingt vernünftig. Allerdings steht den Richtern hier die eigene Rechtsprechung im Weg.

Die Beamten-Alimentation ist ein Lebensunterhalt

Die Beamten-„Alimentation“ ist aus Karlsruher Sicht nämlich ein Lebensunterhalt im engen Sinn des Wortes, „keine Entlohnung für bestimmte Dienste oder konkrete Arbeitszeiten“. Eine „unfreiwillige Teilzeitbeschäftigung von Beamten“ ist verboten. Bei denen aus den Callcentern  darf aber jetzt trotzdem eine „Verhältnismäßigkeitsprüfung“ vorgenommen werden – anders als bei Professoren, denen, wie jedermann weiß, noch großzügigere „begünstigende Faktoren“ zugestanden werden, beispielsweise bei lukrativen Nebenjobs.

Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle, selbst Professor, hat sich bei der Verkündung des Professoren-Urteils über seiner Ansicht nach „süffisante“ Medienkommentare mokiert, die auf die Nähe der Professoren-Richter zu ihren Amtskollegen verwiesen haben. Schließlich seien alle Verfassungsrichter, soweit sie Professoren seien, noch nach altem Recht berufen. Aber sie kennen junge Professoren. Mitarbeiter von Callcentern kennen sie seltener.