Ein 21-Jähriger muss für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis, weil er eine Bombendrohung bei den Schlossfestspielen 2016 erfunden hat. Zu Ende ist der Rechtsstreit mit dem Urteil nicht.

Ludwigsburg - Kurz vor der Urteilsverkündung rollen ein paar Tränen über das Gesicht des jungen Mannes. Doch als die Richterin Astrid Hagen die Strafe verliest, bleibt der 21-Jährige regungslos. Dabei weiß er in diesem Moment, dass er wohl für mehrere Jahre in ein Jugendgefängnis muss. Zu dreieinhalb Jahren Jugendstrafe verurteilte das Nürtinger Amtsgericht am Freitag einen ehemaligen Feuerwehrmann aus Ludwigsburg, weil er im Juli 2016 mit einer erfundenen Bombendrohung einen Konzertabbruch bei den Schlossfestspielen ausgelöst hat – und weil er wenige Wochen später Feuer in seiner Wohngemeinschaft in der Saarstraße legte.

 

Man sei überzeugt, dass der Angeklagte, der beim Abschlusskonzert der Schlossfestspiele Dienst als freiwilliger Feuerwehrmann hatte, sich die angebliche Bombendrohung eines unbekannten Mannes selbst ausgedacht habe, sagte die Richterin Hagen. Den Unbekannten, den der Angeklagte stets als südländisch aussehend und mit Tarnhose bekleidet beschrieben hatte, gibt es nach Auffassung des Gerichts nicht. Kein Zeuge hatte jenen vermeintlichen Täter damals gesehen, keine Überwachungskamera ihn aufgenommen. Dabei hätte der ominöse Unbekannte nur auf vier Wegen das Forum verlassen können, so hat es die Polizei später rekonstruiert. Auf keiner der Routen fand sich ein Hinweis auf den Fremden. Für sie und ihre Kammer sei es schwer vorstellbar, dass der Bombendroher, so es ihn denn geben würde, den Weg durch die „labyrinth-ähnlichen Gänge“ hinter der Bühne des Forums zu dem Raum gefunden hätte, in dem der Angeklagte saß, und dann diesem die Drohung mitgeteilt hätte und anschließend unerkannt und ungesehen wieder nach draußen gelangt sei, erklärte die Richterin.

Der Mann hat sich die Bombendrohung nur ausgedacht

Die Bombendrohung zog im Sommer 2016 einen Großeinsatz der Polizei nach sich, 1200 Besucher mussten das Forum am Schlosspark verlassen, die Ludwigsburger Innenstadt war über Stunden lahmgelegt.

Den Brand in der Wohnung, die der junge Mann im Sommer 2016 mit einem 27-Jährigen und dessen Freundin bewohnte, bewertete das Gericht ähnlich: Eine von innen abgeschlossene Tür beim Eintreffen der Feuerwehr, keine Hinweise auf einen technischen Defekt oder eine andere Brandursache und der Umstand, dass der Angeklagte allein in der Wohnung war, sprachen gegen den 21-Jährigen. „Wir schließen aus, dass eine andere Person das Feuer gelegt hat“, sagte Hagen. Bei dem Brand entstanden rund 100 000 Euro Schaden, drei Haustiere kamen ums Leben.

Trotz der am Ende empfindlichen Strafe tat sich das Jugendschöffengericht in insgesamt drei Sitzungen schwer mit dem Fall – und mit dem 21-Jährigen, der inzwischen wieder bei seiner Mutter in Nürtingen lebt, weswegen auch das dortige Gericht zuständig war. Denn objektive Beweise, dass sich der junge Mann die Bombendrohung nur ausgedacht hat, gibt es kaum. Stattdessen hat die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage viele Indizien zusammengetragen. Nicht leichter wurde die Aufklärung dadurch, dass sich der Angeklagte und seine zwei ehemaligen Mitbewohner vor Gericht in einem Dickicht aus gegenseitigen Anschuldigungen und alten Vorwürfen verloren.

Die Verteidigerin kündigt Berufung an

Für ihr Urteil sei der Blick auf mehrere Taten entscheidend gewesen, erklärte die Richterin Hagen. Bereits im vergangenen Jahr hat das Amtsgericht Ludwigsburg den 21-Jährigen wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Er hatte einem früheren Mitbewohner mit einer Pfanne ins Gesicht geschlagen und ihm mit einer Schere in den Hals gestochen. Damals erhielt der Ex-Feuerwehrmann, der seit 2017 nicht mehr Teil der Wehr ist, eine Bewährungsstrafe. „Es stimmt mich bedenklich, was so alles um Sie herum passiert“, sagte die Vorsitzende.

Sie sei überzeugt, „dass mein Mandant die Taten nicht begangen hat“, sagte die Verteidigerin Margrete Haimayer. Sie halte das Urteil für falsch und kündigte an, Berufung einzulegen. Sollte diese zugelassen werden, wird der Fall vor dem Stuttgarter Landgericht erneut verhandelt.