Die schriftliche Begründung des Leipziger Fahrverbotsurteils ist da. Ob und wann Fahrverbote in Stuttgart kommen, ist weiter unklar. Die Landesregierung will möglichst ohne Verbote auskommen. Aber geht das?

Stuttgart - Die Landesregierung will Diesel-Fahrverbote in Stuttgart vermeiden, ohne einen höchstrichterlichen Spruch aus Leipzig zu verletzen. Ob das überhaupt geht, ist Gegenstand einer vermutlich mehrwöchigen Prüfung der schriftlichen Urteilsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts, die seit Freitag vorliegt. Im Februar hatte das Gericht auch mit Blick auf Stuttgart geurteilt, dass Fahrverbote zur Luftreinhaltung grundsätzlich erlaubt sind. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) forderte die grün-schwarze Landesregierung auf, Fahrverbote in Stuttgart umgehend auf den Weg zu bringen.

 

BUND-Landesgeschäftsführerin Sylvia Pilarsky-Grosch sagte, sie glaube nicht daran, dass die Regierung die Luft ohne Fahrverbote schnell genug sauberer bekomme. Es gebe zwar auch andere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, wie etwa die Schaffung von Bus- und Fahrradspuren in der Landeshauptstadt. Aber auch da gebe es derzeit wenig Bewegung.

Deutsche Umwelthilfe macht Druck

Die Richter erläutern in der Urteilsbegründung, welche Anforderungen sie an die geforderte Verhältnismäßigkeit von Fahrverboten stellen. Das betrifft insbesondere Verbote in ganzen Zonen, wie sie in Stuttgart erwogen werden. Es sei eine phasenweise Einführung zu prüfen, bei der es Verbote zunächst nur für „ältere Autos (etwa bis zur Abgasnorm Euro 4)“ gebe. Für neuere Euro-5-Fahrzeuge komme eine Sperrung von Zonen „nicht vor dem 1. September 2019“ in Betracht.

Nach Angaben eines Regierungssprechers soll die Begründung sorgfältig ausgewertet werden. Es gelte, die Vorgaben des Gerichtes einzuhalten und zugleich alles Mögliche zu unternehmen, um Fahrverbote auch als Ultima ratio (letztes Mittel) zu vermeiden. Die Deutsche Umwelthilfe verlangt Fahrverbote für Dieselautos, die besonders viele Stickoxide ausstoßen. Sie klagt insgesamt gegen 28 Städte mit Überschreitungen.

Landesregierung versucht, Fahrverbote zu vermeiden

Die Landesregierung versucht seit Langem, um Fahrverbote herumzukommen - obwohl Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) eigentlich als Verfechter von Verkehrsbeschränkungen gilt. Das Thema hat das Zeug zum Koalitionskrach, da sich CDU-Politiker vehement gegen Fahrverbote sperren. Der überarbeitete Luftreinhalteplan für die Landeshauptstadt Stuttgart beinhaltete ursprünglich schon Fahrverbote und Ausnahmen davon. Er trat aber auch wegen der damals noch anhängigen Gerichtsverfahren zunächst nicht in Kraft.

Grün-schwarze Koalitionspolitiker waren am Freitag darum bemüht, das Thema flach zu halten. CDU-Landtagsfraktionschef Wolfgang Reinhart teilte mit, bei der Auswertung des Leipziger Urteils gelte Gründlichkeit und Sorgfalt vor Schnelligkeit. „Das weitere Vorgehen werden wir dann auch mit dem Koalitionspartner zu besprechen haben.“ Grünen-Landtagsfraktionschef Andreas Schwarz äußerte sich ähnlich. „Unsere Ziele sind eine Verbesserung der Luftqualität, das Vermeiden von Verkehrsbeschränkungen, ein attraktiver öffentlicher Nahverkehr und eine rasche Umsetzung der Maßnahmen zur neuen Mobilität.“