Erstmals haben Bausparer Recht bekommen, die sich gegen die Kündigung ihres Bausparvertrags durch die Bausparkasse Badenia gewehrt haben. Der Verzicht auf ein Darlehen ist kein Grund zur Kündigung, urteilt das Landgericht Karlsruhe. Auch Wüstenrot erleidet eine Niederlage.

Stuttgart - Nach einer Reihe juristischer Niederlagen haben jetzt Bausparer erstmals recht bekommen, die sich gegen die Kündigung ihres Bausparvertrags durch die Bausparkasse zur Wehr gesetzt haben. Das Landgericht Karlsruhe hat entschieden, dass ein Bausparvertrag, den die Bausparkasse Badenia gekündigt hatte, weitergeführt werden muss (Aktenzeichen 7 O 126/15). Die Bausparkasse hatte einem Ehepaar gekündigt, weil der Vertrag seit April 2002 zuteilungsreif war, die Kunden aber kein Darlehen in Anspruch nahmen, sondern den Vertrag mit einem Guthabenzins von 2,5 Prozent weiter ansparten. Die Bausparkasse kündigte im Februar 2015 den Vertrag – nach dem Urteil des Landgerichts zu Unrecht.

 

Nach Ansicht des Gerichts steht der Bausparkasse nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (ABB) kein Kündigungsrecht zu. Auch aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB Paragraf 489 Abs. 1 Nr. 2) lässt sich danach kein Kündigungsrecht der Bausparkasse ableiten. Fast alle Bausparkassen berufen sich in ihren Kündigungen auf diesen Paragrafen, der die Rechte eines Darlehensnehmers regelt. Die Bausparkassen sehen sich in der Ansparphase als Darlehensnehmer des Kunden. Sie argumentieren, dass sie durch das BGB nach zehn Jahren das Recht zur Kündigung hätten, wobei sie den im Gesetz angeführten vollständigen Empfang der Darlehensvaluta mit der Zuteilungsreife eines Bausparvertrags gleichsetzen.

Badenia will in Berufung gehen

Das Landgericht hält den Paragrafen für nicht auf das Bausparen anwendbar. Für das Gericht handelt es sich um einen einheitlichen Vertrag, bei dem Bausparer und Bausparkasse mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen.

Der Frankfurter Rechtsanwalt Klaus Hünlein, der das Ehepaar sowie 400 weitere Kläger in ähnlich gelagerten Fällen vertritt, hält Kündigungen allenfalls dann für möglich, wenn der Bausparer kein Anrecht mehr auf ein Darlehen hat, weil er den Vertrag komplett bespart hat. „Nur dann darf die Bausparkasse mit einer Frist von sechs Monaten den Vertrag beenden“, sagte Hünlein. Die Bausparkasse Badenia will in Berufung gehen; sie hält den BGB-Paragrafen 489 nach wie vor für anwendbar. Komplett besparte Verträge haben die Bausparkassen mittlerweile durchweg gekündigt.

Ganz ähnlich wie in Karlsruhe hat im August auch das Amtsgericht Ludwigsburg im Fall der Kündigung eines Wüstenrot-Bausparvertrags geurteilt, der nun doch fortgesetzt werden muss. Auch die Richter in Ludwigsburg wehrten den Versuch der Bausparkasse ab, sich auf das BGB zu berufen: Die Anwendung auf Bausparkassen entspreche nicht dem Sinn und Zweck der Vorschrift, heißt es in dem Urteil.

Regelrechte Kündigungswelle in der Branche

Seit gut einem Jahr gibt es eine regelrechte Kündigungswelle in der Branche mit dem Ziel, Bausparer loszuwerden, die weniger an einem Bauspardarlehen, sondern eher an hohen Bausparzinsen interessiert sind. Schätzungen zufolge sind etwa 200 000 Verträge gekündigt worden. Hintergrund sind die aktuell niedrigen Zinsen, die den Bausparkassen Kopfzerbrechen bereiten, weil sie andererseits aus Altverträgen Guthaben häufig noch mit vier bis fünf Prozent verzinsen müssen.

Die Bausparkassen haben in Zeiten eines schwachen Neugeschäfts Kunden mit der Aussicht auf die hohen Zinsen geködert und dabei auch Sparer angesprochen, die von vorneherein kein Interesse an einem Darlehen hatten. In die Klemme gekommen, versuchen sie nun zu argumentieren, dass zehn Jahre nach der Zuteilungsreife nicht mehr damit zu rechnen sei, dass der Sparer das Darlehen noch haben wolle.