Ein 42-Jähriger aus Schorndorf war auf pro-russischer Seite beim Krieg in der Ostukraine dabei und erhält vor dem Stuttgarter Landgericht dafür eine Bewährungsstrafe – samt Arbeitsstunden und Therapieauflage.

Prozess - Damit, dass er in Handschellen zum Wiederholungstermin für die Hauptverhandlung vorgeführt wird, hat der 42-jährige Angeklagte offenkundig nicht gerechnet. Er ist vor der Staatsschutzkammer des Landgerichts wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und wegen schwerer Gefährdung der Sicherheit eines Staates angeklagt. Er sei, das gesteht der in Schorndorf geborene Serbe mit bosnischem Pass später ein, drei Mal in die Ost-Ukraine gereist und habe dort, unter anderem mit einer Kalaschnikow AK 47 ausgerüstet, am Kriegsgeschehen teilgenommen.

 

SEK-Kommando sorgt für nüchterne Vorführung

„Ich hab’ geglaubt, ich träume“, sagt er zu der Tatsache, dass er am Vorabend der Verhandlung von einem SEK-Kommando in seiner Wohnung festgenommen worden war. Nicht ohne Grund: Die Vorsitzende Richterin Manuela Haußmann hatte die Vorführung angeordnet, nachdem ein erster Verhandlungstermin im Oktober geplatzt war, weil der Angeklagte mit Verspätung und sturzbetrunken im Gerichtssaal erschienen war.

Der Schorndorfer sei Ende 2014 erstmals nach Russland gereist, um über Moskau nach Rostow zu gelangen, so heißt es in der Anklage. Vermittelt durch eine russische Freundin, der er – so stellte sich im Verlauf der Verhandlung heraus, ganz offenbar mit einem pro-russischen Kriegseinsatz derart imponieren wollte, dass sie ihn heiraten würde, kam er in Kontakt mit dem Kampfbataillon Sparta. Dieses kämpfte in der Ostukraine von Beginn der Auseinandersetzungen an der Seite der pro-russischen Milizen.

Ersteinsatz als Küchenhilfe und zum Putzen

Allerdings wurde „Serb“, so sein Spitzname dort, im Basiscamp zunächst nur als Küchenhilfe und beim Putzen eingesetzt. Anfang 2015 hat er dann, so Anklage und Geständnis, an Ausbildungen an Waffen teilgenommen – unter anderem an einer als Kriegswaffe geltenden Kalaschnikow. Angeklagt sind deshalb mehrere Fälle staatsgefährdender Straftaten.

Schließlich habe der Schorndorfer an einem Konflikt mitgewirkt, bei dem viele Menschen ums Leben gekommen sind. Außerdem ist es in der Verhandlung vor der 18. Strafkammer eben wegen der Kalaschnikow um Verbrechen im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes gegangen. In Absprache zwischen den Prozessparteien wurde dieser Teil des Verfahrens allerdings eingestellt.

Nach einem in ausufernd blumiger Weise geschilderten Lebenslauf von quasi elternloser Kindheit über enttäuschte Lieben des Lebens und an Mobbing gescheiterten Arbeitsverhältnissen sowie episodenhaften Alkoholphasen des Mannes, der eine elektrotechnische Fachausbildung hat, gelangte die Richterin ziemlich schnell zum Schluss, das eigentliche Problem liege in der Persönlichkeit des Angeklagten.

„Sie suchen immer die Schuld bei anderen, wenn Sie Probleme haben“, kommentierte sie die ausschweifenden Schilderungen. Ihr Rat für den Möchtegern-Krieger mit einem Faible für Putin, der darauf beharrte, jederzeit vom Alkohol lassen zu können, war: „Sie müssen sich der Wahrheit stellen, Sie sind massiv alkoholkrank.“ Zuvor hatte der Angeklagte berichtet, er habe in Phasen der Arbeitslosigkeit 20 Flaschen Bier plus diverse Flaschen Wein am Tag und im Basiscamp bei Rostow oder bei Lazarettaufenthalten „mindestens täglich ein bis zwei Liter Wodka pro Tag“ konsumiert.

So hat das Gericht die Strafe von eineinhalb Jahren, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung, mit umfangreichen Auflagen versehen. Die Vorgaben: 100 Tage gemeinnützige Arbeit, wöchentliche Gespräche zur Alkoholsucht bei der Schorndorfer Diakonie und binnen eines halben Jahres eine stationäre Alkoholentzugstherapie. Die Richterin sagte in ihrem Schlussappell an den gescheiterten Krieger: „Es geht um Ihr weiteres Leben. Sollten Sie eine Auflage verletzen, gehen Sie für eineinhalb Jahre ins Gefängnis.“