Die Betreiber offener WLAN-Netze müssen laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshof keinen Schadenersatz für Urheberrechtsverletzungen durch Nutzer leisten. Doch das Urteil wirft auch Fragen auf.

Berlin - Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Haftung von Betreibern öffentlicher Hotspots hat am Donnerstag in Deutschland Lob, aber auch scharfe Kritik geerntet. „Das Urteil wirft mehr Fragen auf, als es Antworten liefert“, schätzt Volker Tripp, Geschäftsführer des Vereins Digitale Gesellschaft. „Muss ich im Café demnächst meinen Ausweis vorlegen und einscannen lassen, um an das WLAN-Passwort zu gelangen?“

 

Am Donnerstag entschied der EuGH, dass gewerbliche Anbieter öffentlicher Hotspots nicht für Rechtsverletzungen Dritter haftbar gemacht werden können. Allerdings könne von ihnen bei wiederholten Verstößen als „Abschreckung“ verlangt werden, dass der Zugang durch ein Passwort gesichert wird und die Nutzer ihre Identität preisgeben müssen. Völlig unklar bleibe jedoch, wie diese Identitätsfeststellung erfolgen solle und wie lange solche Daten aufbewahrt werden müssten, sagte Tripp. Das sei „ein herber Rückschlag für eine flächendeckende Versorgung mit offenen Netzen“. Der EuGH baue neue, kaum zu meisternde Hürden für die Betreiber offener Funknetze auf.

Die Entscheidung soll positive Auswirkungen auf öffentliche Hotspots haben

„Die EuGH-Entscheidung schafft mehr Rechtssicherheit und führt damit zu spürbaren Erleichterungen für die Betreiber öffentlicher WLAN-Netze“, sagte dagegen Nick Kriegeskotte vom Digitalverband Bitkom. Man gehe davon aus, dass sich die Entscheidung positiv auf die Verbreitung öffentlicher Hotspots auswirken werden. „Im Fall von Rechtsverletzungen können die Rechteinhaber aber verlangen, dass der WLAN-Anbieter seinen Zugang sichert und zum Beispiel durch ein Passwort schützt.“

Die Europaabgeordnete der Piraten-Partei, Julia Reda, verwies wiederum auf die Folgen für die Nutzung durch Besucher und Flüchtlinge. Wenn auch für sie freie Hotspots zugänglich sein sollten, „kann ein Passwortschutz keine Lösung sein“. Reda verwies auf die Problematik des Urheberrechts. „Noch gestern hat EU-Kommissionspräsident Juncker uns versprochen, bis 2020 werden alle europäischen Städte und Dörfer mit freiem WLAN versorgt. Heute macht die Komplexität des Urheberrechts diesem Ziel bereits einen Strich durch die Rechnung.“