Bausparkassen dürfen Verträge nicht kündigen, nur weil sie ihnen zu teuer geworden sind, meint StZ-Wirtschaftsredakteur Andreas Schröder.

Nachrichtenzentrale: Andreas Schröder (sö)

Stuttgart - Die Niedrigzinsphase dauert schon eine Weile an, und nichts deutet angesichts der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank darauf hin, dass die Zinsen in absehbarer Zeit steigen. Billiges Geld soll nach dem Verständnis der Notenbanker die Konjunktur ankurbeln. Kredite sind daher vergleichsweise günstig zu haben, wer Geld anlegen will, der muss sich mit sehr bescheidenen Renditen zufriedengeben. Kein Wunder also, dass Sparer an alten Bausparverträgen mit stattlicher Verzinsung unter allen Umständen festhalten wollen. Im aktuellen Urteil des Landgerichts Stuttgart hat eine Frau recht bekommen, die für ihr Geld 4,5 Prozent erhält – eine Traumrendite zurzeit. Warum sollte sie ihren Vertrag freiwillig kündigen?

 

Bausparkassen und andere Finanzinstitute wiederum wären die Altverträge, die in ihren Augen teuer und damit lästig sind, liebend gerne los. Das geht Bausparkassen wie Wüstenrot und Badenia so, das betrifft aber auch öffentlich-rechtliche Sparkassen, die sich mit Blick auf die private Banken-Konkurrenz beispielsweise in Frankfurt gerne mal als moralisch höher stehend gerieren. Man denke nur an die Sparkasse Ulm, die im Streit über die Kündigung der hoch verzinsten „Scala“-Sparverträge vor Gericht Niederlagen einstecken musste.

Man kann sich kaum noch daran erinnern, aber die Bausparkassen haben Kunden über Jahre mit hohen Zinsen gelockt. Damals war es Usus, dass Baudarlehen nicht unbedingt in Anspruch genommen werden mussten. Verträge wurden also geschlossen mit dem Ziel der reinen Geldanlage – und das war auch von Seiten der Anbieter sehr wohl so gewünscht. Schließlich brummte das Geschäft, und die Bausparkassen brauchten Kapital, um den nicht selten jahrelang wartenden Darlehensnehmern die fällige Bausparsumme auszuzahlen. Dass sich die Zinssituation drastisch ändern könnte, daran hat in den Unternehmen offensichtlich niemand gedacht.

Mittlerweile unstrittig sind die Fälle, in denen die volle Bausparsumme erreicht ist. Dann Verträge zu kündigen, so sehen es auch Verbraucherschützer, ist nicht zu beanstanden. Sonst gilt: Vertrag ist Vertrag, und der ist zu erfüllen. Darauf pochen Finanzinstitute in anderen, für sie gewinnbringenden Fällen, darauf können selbstverständlich auch Kunden pochen.